„Ein Fall für TKKG“ (2014) oder Ein Fall für die verdammte Mülltonne
Es gibt einen zwielichtigen Zweig der globalen Animationsbranche, der sich darauf spezialisiert hat, billige Kopien von akuellen Kinohits oder „zeitlosen“ Märchenklassikern rauszuzimmern. Was heutzutage die gewollt auf Trash getrimmten „Mockbuster“ von The Asylum sind, wenn es um Action und Superhelden geht, das waren auch schon zu meiner Kindheit die lieblos von der Palme geschüttelten Animations-Abklatsche von „Die kleine Meerjungfrau“ oder „Der König der Löwen“. In wie vielen Kinderherzen erstarb für alle Zeit die Lebensfreude, als unter dem Weihnachtsbaum plötzlich „Der Löwenkönig“ lag und die Lieder und Bilder allesamt wie eine Fiebertraumvariante des erwarteten Filmmeisterwerkes in den kindlichen Verstand drangen. Super Job, liebe Eltern, wahrscheinlich habt ihr eure Brut irreparabel geschädigt.
Genau wie diese Eltern, die immer automatisch nach der billigen Raubkopie greifen (weil sie einen Scheiß drum geben, was das eigentlich ist, was bei den Kindern über die Röhre flimmert – hauptsache for kids, you know?) , erlaubt sich auch das deutsche Fernsehen seit Jahrzehnten einen Griff nach dem anderen tief in das Klo der Geschmacklosigkeit. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich möchte nicht die Arbeit der vielen kreativen Menschen an den zahllosen Glitzerfee- und Ponyhofserien, an den x-ten Märchenaufgüssen und den traurigen Versuchen vom Franchising hierzulande schmälern. Haltet durch, irgendwann holen wir euch da raus! Nein, die Fehler werden ganz klar in der Konzeption gemacht, beim Schreiben, Abnicken und Gestalten der Serien, die wir unseren Jüngsten zumuten. Es kann doch auch funktionieren! Ein Beispiel? Janoschs Traumstunde, großartig gezeichnet erfüllte in den 80ern dieser zeitlose Klassiker alle Ansprüche an gute TV-Animation: Ein markanter Zeichenstil, unverkennbare Stimmen und Melodien und echt unterhaltsamer Stoff, mehr noch, eine gelunge Adaption! Und trotzdem bekommen wir immer wieder diese lieblose, talentlose Scheiße ins Fernsehen und ganz oben auf dem dampfenden Haufen findet sich dieser Tage „Ein Fall für TKKG“.
Ich erspare unseren Lesern eine Aufklärung darüber, worum es bei TKKG geht oder was daran gut ist oder schlecht. Einigen wir uns auf Folgendes: Es ist ein Stoff mit dem man arbeiten kann. Es gibt da gewisses Potential. Ich mochte TKKG als Kind sehr gerne und auch wenn ich die neueren Folgen der erfolgreichen Hörspielserie nur mit der Kneifzange anfasse, bin ich doch zumindest gespannt was dabei heraus kommt, wenn sich jemand einer neuen Adapation des Stoffes annimmt.
Ich bitte darum, an dieser Stelle die ersten 2 Minuten der ersten Folge anzuspielen:
…
YOU HAD ONE JOB!
Ich habe mir nicht die Mühe gemacht, mehr als das nötigste in Erfahrung zu bringen: „Ein Fall für TKKG“ wurde wohl bereits um 2005 produziert, verschwand für 10 Jahre in der Schublade und wurde kürzlich im KIKA uraufgeführt. Regie führte Michael Schaack (ja, der gefühlt einzige Animationsregisseur unseres Landes), der vor- während oder kurz nach der Produktion von „Dieter – der Film“ (der wie ein Wackerstein im Bauch der deutschen Kulturlandschaft liegt, die ja von Zeit zu Zeit allzu nah am Rande des Bankrottbrunnens tanzt) auch dieses Machwerk fabrizierte. Die Serie ist eine Beleidigung für Zuschauer jeden Alters!
Die einzelnen Folgen sind Adapationen bereits bekannter Abenteuer minus Wortwitz und den üblichen Dreistigkeiten, werden aber durch die Umsetzung schlichtweg unerträglich. Die Hintergründe sind zu weiten Teilen durch Photoshopfilter vergewaltigte Fotos, die im Zusammenspiel mit den schwammigen Animationen der Figuren im Betrachter das spontane Bedürfnis erzeugen, sich die Augen auszukratzen. Diese Serie sieht furchtbar aus! Ach was, und kommen Sie mir nicht mit „Die ist ja auch schon 10 Jahre alt“. Winsor McCay hat mit seinen Stiften und Papierbögen in der Garage vor über 100 Jahren den Animationsfilm praktisch erfunden. Dies ist einfach nur herzlose, gequirlte Fließbandkost. DAS ist es was den jungen Zuschauern geboten wird?
Aber ist es nicht schön, dass es wenigstens Animationsserien in Deutschland gibt? Das bedeutet doch immerhin Arbeitsplätze für… Moment, das ist in Indien animiert worden?? Overseas Facilities haben für Geld diese Arbeit abgeliefert? Moment Mal, liebe Damen und Herren, die ganze Serie sieht so aus, als wäre sie im Computerkeller eines findigen jugendlichen Hobbyanimators entstanden. Ich fasse es nicht! Aber nicht einmal der findige Hobbyanimator wird unterstützt, nein, wir lassen so einen Mist noch im Ausland für teures Geld zeichnen (was ja vollkommen richtig ist, wenn am Ende etwas Vorzeigbares dabei herauskommt) . Sollen wir das Ganze dann überhaupt noch als kulturell bedeutsames Werk klassifizieren? Was ist denn hierzulande geleistet worden? Charakterdesign: ein typisch belangloser Mix, nicht erwähnenswert. Bildkomposition: Soll ich mal lachen? Das sieht aus wie eine schlechte Previsualization aus der Vorproduktion. Farbgestaltung: Ähm, nein. Animation: Anwesend. Musik: Ach du meine Güte. Skript: Gaby Glockner betritt ein Krankenhauszimmer und die Schwester bittet sie, die Spritze, mit der sie gerade Blut abgenommen hat, zu den anderen Blutproben zu stellen und drückt ihr das Teil samt Nadel in die Hand. Hallo? Das ist nur eine von zahllosen Szenen, die weltfremder, lächerlicher und amateurhafter kaum sein könnten. Aber ist doch egal. It’s for kids, you know? Und klar, Roboter kommen sogar schon im Vorspann vor, typisch halt!
Das höchste der Gefühle überkommt mich, wenn ich dann lesen, dass die Produktion von der Filmförderung Hamburg-Schleswig Holstein mitgetragen wurde. Ich bin sprachlos. Liebe Filmemacher, ist das wirklich euer Ernst? Liebes Fernsehen, meint ihr wirklich, dass ihr den Kindern so etwas vorsetzen solltet? Liebe Eltern, schreibt ihr auch mal einen Leserbrief, wenn ihr im KIKA sowas über die Mattscheibe laufen seht?
Und gute Nacht!