„Mad Max: Fury Road“ oder Gib Gas, ich will MOTHERFUCKIN‘ ACTION!!!!
„Mad Max: Fury Road“ (2015) von George Miller
Ich war nie ein echter „Mad Max“-Fan. Alle drei früheren Filme hatten was, ich sah sie ganz gern und erkannte ihre filmhistorische Bedeutung an, aber sie rissen mich persönlich nicht vom Hocker.
„Fury Road“ aber tat das!
Wir sind es von Spektakelfilmen inzwischen gewohnt, dass man im Grunde schon alle Highlights in der Werbung gesehen hat. Dieser Film hingegen ist über fast seine komplette Länge wie sein Trailer: Mit wenigen kurzen Pausen eine einzige bombastische Verfolgungsjagd bizarrer Gestalten in bizarren Fahrzeugen.
Der Soundtrack donnert archaisch aufpeitschend und mit Stacheln, Schädeln und Waffen überfüllt, stimuliert der Film die brüllenden Urtriebe des Jägers und Kriegers in uns. Gestorben wird meist drastisch und mit Begeisterung. Fahrzeuge haben Leitungen in die Kabine, damit sich ihr Fahrer bequem mit Benzin übergießen kann, um besser zu brennen.
Das „Mad“ im Namen des Helden schien mir bislang eher die Bedeutung von „wütend“ zu haben, inzwischen steht es aber definitiv für Wahnsinn: Der gute Maxe hört Stimmen, sieht Geister und wird damit eingeführt, dass er eine zweiköpfige Eidechse zertrampelt und aufisst.
Doch nicht nur er, der komplette Film strotzt vor Wahnsinn: Es gibt Perücken aus Patronengurten, Leute, die sich Silberlack auf Zähne und Lippen sprühen, ein Kampfwagen mit Verstärkern und E-Gitarristen, Kettensägen, Flammenwerfer und bei Explosionen wird darauf geachtet, dass auch ja eine verdrehte menschliche Gestalt darin zu sehen ist.
Ich weiß nicht, wann ich zuletzt einen so adrenalingetränkten, spaßigen und temporeichen Actionfilm wie diesen gesehen habe. Einen mit einer so originell und optisch aufregend gestalteten eigenen Welt sowieso nicht.
Nachdem mich vor kurzem erst das glatte Fließbandprodukt „Age of Ultron“ vor allem langweilte, ist „Fury Road“ das heiß ersehnte Gegengift, das uns zeigt, wieviel Spaß Action im Film noch immer machen kann.
Die Legende vom MRA-Boykott
Ginge es nur um mich, hätte ich diesmal auf den Geschlechterzeug-Teil verzichtet und nur eine kurze Empfehlung ausgesprochen, aber die Debatte wollte es anders.
Da die (spärliche) Handlung sich um mehrere Frauen dreht, die unter der Führung von Furiosa (Charlize Theron mit hübsch stoppelkurzen Haaren und Cyborgarm) aus dem Harem des Warlords Immortan Joe geflohen sind, konsultierten die Macher die Autorin der „Vagina Monologe“ Eve Ensler, die sich wohl mit den diesbezüglichen Gepflogenheiten echter afrikanischer Warlords beschäftigt hatte.
Weil die Dame Feministin und der Film tatsächlich mehr auf Furiosa, denn Max fokussiert ist, geriet ein Schreiberling der bizarren Website „Return of Kings“ (welche sich dem Ziel verschrieben hat, Männer wieder zu Männern zu machen und uns in neue 50er Jahre zu führen) in Hysterie. Er sah einen wichtigen Teil männlicher Identität (nein, ich wusste auch nicht, dass „Mad Max“ das war) zum feministischen Propagandainstrument verkommen und rief zum Boykott auf.
– Was niemanden scherte. ROK, das immer wieder betont, keine MRAs (also Men’s Right Activists) zu sein, da sie diese für Schwächlinge halten, sind nicht unbedingt eine Seite, die sich allgemein hoher Achtung erfreut. Ich zweifle nicht daran, dass die Möchtegernkönige schon wen gefunden haben, der ihre Sichtweise (die übrigens ohne Kenntnis des Films gebildet wurde) teilen werden, aber was heißt das schon im Internet? Irgendwer stimmt jeder Aluhutträgeridee zu.
So wäre nichts groß draus geworden, wenn nicht einige andere Webseiten es für eine gute Idee gehalten hätten, diesen Aufruf gleich ernst zu nehmen und von einem gewaltigen, frauenhassenden Backlash gegen den Film zu berichten – und ihn dann noch dazu den MRA in die Schuhe zu schieben. Ich habe mich nicht weiter damit beschäftigt, aber sicher wird auch wer GamerGate damit in Verbindung gebracht haben. Egal welcher Richtung jemand angehört, glaubt doch jeder gern, alle Leute die er nicht möge seien Teil einer Achse des Bösen.
Etwas tragikomisch natürlich, wie viele Feministinnen so etwas mitmachen. Wurden sie ewig und werden noch immer als sexuell frustrierte Männerhasserinnen verleumdet, schießen sie sich jetzt nur zu gern darauf ein, Männerrechtler als sexuell frustrierte Frauenhasser zu verleumden, anstatt die Verwandtschaft zu erkennen und sich gemeinsam um den Abbau von Sexismus zu bemühen.
Wenn euch also jemand begegnet, der „MRA“ als Schimpfwort benutzt, lasst euch nicht von irgendwelchen Räuberpistolen über deren Untaten einwickeln. Da gibt es ebenso viele Unterschiede wie unter FeministInnen, so dass Gruppendenken beim einen so falsch ist, wie beim anderen.
Die Wahrheit über den „Mad Max“-Feminismus
Doch was ist nun mit dem Film selbst? Nun, ich würde sagen, man könnte ihn tatsächlich als feministisch bezeichnen. Aber eben nicht nach dem Bilde des aktuellen Internet-Feminismus, sondern eben dahingehend, dass der Film wirkliche Gleichberechtigung praktiziert.
Wenn Max und Furiosa aneinander geraten, dann läuft es als Kampf zweier Gleicher, die Austeilen wie Einstecken können.
Ja, Immortan Joe betreibt in seiner Oase eine „Rape Culture“, aber das tun seine Vorbilder, die afrikanischen Warlords ja auch gern mal. Problematisch ist der Begriff nur, wo er wahnhaft auf unsere westliche Gesellschaft angewendet wird.
Zudem verdient sich „Fury Road“ hier ein besonderes Lob, indem er auch männliches Leid eines solchen Systems nicht ausklammert: Joes Fußsoldaten, die weißgeschminkten „War Boys“ sind nichts anderes als männliche Kindersoldaten, die von ihm achtlos verheizt werden. Nux, der einzige von ihnen, den wir näher kennenlernen ist eine höchst tragische Figur, die als Opfer des Systems nicht weniger Mitleid bekommt, als die Frauen, die Joes Kinder auszutragen gezwungen sind (und wie Furiosa hat vermutlich auch er mehr Dialog als Max). Dieser Opfer wird viel zu selten gedacht (wir erinnern uns an das Desinteresse an den, von Boko Haram entführten und ermordeten Jungs, während selbst Papst und First Lady um die Mädchen bangten) und man muss es hier hoch anrechnen.
Man könnte kritisieren, dass ein Utopia von Frauen als positiver Gegenentwurf auftaucht, aber diese Idylle ist auch im Film mehr ein Mythos. Wenn Max und Furiosa sie schließlich erreichen, ist sie nicht so glanzvoll, wie angekündigt. Es ist die Verbindung von Mann und Frau, von Joes Maschinen und der Pflanzensaat der Mütter, von Max und Furiosa, aus der am Ende eine neue Hoffnung keimt. Und ob man ein solches Konzept als feministisch oder humanistisch betrachtet, soll mir letztlich egal sein, mir gefällt es.
(Fanarts zu den Artikeln werden jetzt nicht wirklich zur Gewohnheit, aber Imperator Furiosa musste ich doch auch mal meinen Tribut zollen.)