3 Comments

  1. Spu
    13. April 2015 @ 21:24

    Was ich an deinen Artikeln zu diesen Themen nie verstehe, ist dass du gegen „wir gegen sie“, gegen den Zweck heiligende Mittel, gegen eine falsche Meinung = Unperson, gegen Versuche andere Meinungen mundtot zu machen plädierst, und dann Gamergate als zu unrecht, oder zu tief in eine Ecke gestellt interpretierst. Gamergate, das all diese Dinge in einer nie dagewesenen Extremität und Reinkultur betreibt, das sich seine Ideale größtenteils erst im Nachhinein auf die Fahnen geschrieben hat und so gut wie jede wirkliche Möglichkeit diese Ideale (mit richtigen oder falschen Mitteln) zu verteidigen verstreichen lässt um sich auf Grabenkämpfe mit Enemies by Association zu konzentrieren, das überall noch einen Schritt weitergeht, „andere Meinungen“ nicht „nur“ als „falsche Meinungen“ sondern als „Lügen“ bezeichnet. Oder wie bei der größten, organisiertesten Einzelgruppierung, und Zielgruppe quasi aller Mainstreamspiele von einer „Outgroup“ gesprochen werden kann.

    Ja, Extremaktivisten neigen dazu jeden zu verteufeln der einmal was falsches sagt, oder den sie auch nur einmal falsch verstehen, selbst Beführworter werden, wenn sie sich einmal nicht absolut perfekt ausdrücken in falsche Ecken gestellt, aber Gamergate, das mit dem Klappspaten versucht die Ecke noch tiefer auszuhöhlen um noch weiter in sie hinein zu kommen ist das denkbar schlechteste Beispiel. Jon Ronson’s Buch „So You’ve Been Publicly Shamed“ sollte da, z.B. bessere Beispiele bieten.

    Und, aber das ist ein anderes Thema, der McCarthy-Blockbot-Vergleich hinkt doch etwas sehr. Die Twitter-Blockbots ermöglichen es idiotischen Extremisten nichts lesen zu „müssen“ was ihrer Weltanschauungsblase nicht entspricht, sie hindern aber niemanden in irgendeiner Form daran irgendetwas zu schreiben und von der eigenen Blase, oder Neutralen, gelesen zu werden. Wenn sich die ganzen Extrempole, bei denen, wenn es um einen Diskurs geht, Hopfen und Malz eh verloren sind etwas mehr ignorieren würden, statt sich zu beschweren, dass ihre Meinungsfreiheit eingeschränkt wird wenn die Leute die sie hassen ihre Tweets nicht lesen, gäb es auch ein etwas ruhgieres Umfeld in dem sich die Nichtextremen entspannter austauschen könnten. Am Ende schaden die alle ihrer eigenen „Seite“ sowieso mehr als sie ihr nutzen.

    • Dirk M. Jürgens
      14. April 2015 @ 11:07

      Wenn man etwas in eine Ecke stellt, verweigert man ihm damit eine vielseitige Betrachtungsweise. Das ist zuweilen zweifellos korrekt (bei Nazis etwa überdeckt das Nazisein andere Faktoren, wie dass sie vielleicht über tragische individuelle Umstände dort hinein gerutscht sind), aber GG zumindest ist eine zu vielseitige (und vor allem ja nicht klar abgegrenzte) Gruppe, als dass man sie über einen Kamm scheren könnte.
      Natürlich unterliegen auch viele GGler dem Klandenken! Darum geht es mir ja – wir alle verfallen dem. Es ist uns antrainiert, weil unsere Vorfahren nur so überleben konnten. Wie Scott Alexander in dem Slate Star Codex-Artikel schreibt: Erst glaubte er, davon frei zu sein, weil er beide Stämme kritisierte, als ihm aufging, dass er nur eben zu einem dritten Stamm gehörte uns so lediglich über zwei Outgroups sprach.
      Und hier ist es auch nach über einem halben Jahr so, dass GG fast nur schlechte Presse bekommt. Über einen schreienden Spinner berichten alle, jemand, der logische Ausführungen macht wird ignoriert. Bin erst letztens jemanden begegnet, der sich nicht eingehend damit beschäftigt, sondern mal eben mitkriegt, was so die wenig netzaffinen Medien sagen und voller Stolz verkündete, jeder, der GG unterstütze sei ein intolerantes Arschloch. Da dachte ich gleich an die sympathische feministische Videospielbloggerin Vicsor und dass jemand, der diese so bezeichnet kaum Ahnung haben kann.

      Wie gesagt, da steckt keine Verschwörung hinter, sondern bloße Faulheit und das angenehme Gefühl, dass man hier durchs Verachten ein guter Mensch werden kann. Gerade darum halte ich es für wichtig, auf diese Seite hinzuweisen, die in der Öffentlichkeit und auch unter meinen Lesern kaum mitbekommen wird. Wäre dies ein undergroundiger Gegenkulturblog, der hauptsächlich von Gatoren besucht wird, würde ich mehr gegen die Dämonisierung der anderen Seite schreiben, um gegen das Lagerdenken vorzugehen.

      Würde der Blockbot tatsächlich nur eine Scheuklappe für Leute sein, die eine bestimmte Denkrichtung nicht sehen wollen, wäre der McCarthy-Vergleich tatsächlich fehl am Platz. Aber er ist von Twitter offiziell als Werkzeug gegen Belästiger anerkannt und damit ist seine Blockliste eine dauerhafte Verleumdung gegen diejenigen, die darauf stehen. Seine Macher und Anhänger diskutieren schon, ob man sie nicht zu einer Blacklist der Industrie machen kann, um die als falsch verstandenen Leute aus technischen und journalistischen Berufen draußen zu halten. Das geht natürlich nicht einfach, weil die Industrie kein Kollektiv ist, aber irgendwo als angeblicher Belästiger aufgeführt zu werden, weil man wissenschaftliche Kritik geübt hat, kann dennoch karriereschädlich sein. Will sagen, das Ding ist abgesegnet und groß und nicht nur das Spielzeug einer schrägen Randgruppe.

      Zudem ist eine solche Liste natürlich die höchste Vollendung des Lagerdenkens: Die von mir immer wieder gelobte Liana Kerzner etwa steht ja auch drauf, obwohl sie nicht einmal GG ist, aber eben Anita Sarkeesian ausführlich und sachlich kritisiert hat. Der Uneingeweihte (wie oben zitierter Zeitgenosse) scheint sie dann als eine Eva Herrmann und was solche Fehleinschätzungen befördert erscheint mir nicht vertretbar.

  2. Warum ich regulierte Popkultur für eine verlorene Sache halte | Geschlechterallerlei
    12. Mai 2015 @ 7:02

    […] Buddelfisch hat sich in seinem letzten Beitrag zu den ganzen Popkultur-Aufregern der letzten Zeit abwägend geäußert und sich nicht auf eine bestimmte Seite geschlagen. Ein schöner Ansatz, den ich gerne […]