„Jagoda im Supermarkt“
„Jagoda im Supermarkt“ oder Die Revolution für Sonderschüler
(2004) von Dusan Milic
Nanu? Ein unprovozierter Angriff auf eine kleine jugoslawisch-italienische Koproduktion? Was ist der Grund für soviel Hass?
Nun gut, stelle ich ein paar Gegenfragen:
Ihr kennt Holzhammersatire?
Ihr kennt Vorschlaghammersatire?
Dann bietet dieser Tumor von Film eine neue Erfahrung, denn er präsentiert euch… die Abrissglockensatire!
Hässlicher Kriegsverbrecher und angeblicher Sympathieträger des Film überfällt einen bösen, da amerikanischen Supermarkt, weil dort gestern seine Oma schlecht behandelt wurde. Die dafür verantwortliche Verkäuferin Jagoda verliebt sich in ihn, während ihnen das gesunde Volksempfinden draußen zujubelt und sich innerhalb der Polizei die grundserbische Idee von Demokratie und der amerikanische Totalitarismus bekämpfen. Denn schließlich droht eine internationale Krise, weil die Räumlichkeiten amerikanischer Firmen bekanntlich amerikanisches Staatsgebiet sind.
So ziemlich der größte Dreck, den ich in letzter Zeit das Missvergnügen hatte, zu sehen.
Die 80 Minuten ziehen sich wie Tage hin, während man am Gestank plattester und unstimmigster Sozial- und Kapitalismuskritik zu ersticken droht. Auch als reine Unterhaltung schlägt fast alles fehl, was schon an den eigenwilligen Ästhetikvorstellungen des Regietrottels liegt: Nicht nur, ist der billige grelle Videolook augenunfreundlich, nein auch die Schauspieler sind gerne mal falsch besetzt – kann sich jemand eine romantische Zeitlupenszene vorstellen, in der unsere Heldin einen Stromberg-Doppelgänger anschmachtet?
Actiontechnisch leistet er sich auch schlimmste Fehler: Ewig kämpft unsere Heldin mit einem Polizisten mit Gasmaske, während der Raum mit Tränengas gefüllt ist – als sie ihm die Maske abreißt, fällt er sofort um, während sie das Zeug schon seit gut fünf Minuten einatmet. Tricktechnisch wird der traurige Rekord erreicht, nicht mal überzeugend einen Papierflieger hinzubekommen, während die Grimassenschneider, die man nicht als Schauspieler bezeichnen sollte, mit der Subtilität von Pantomimen agieren und der Score das Gehör mit furzartigen Geräuschen vergewaltigt.
Aber so unwitzig, ununterhaltsam und hässlich der Film auch ist, sein Anspruch, Satire zu sein ist das schlimmste. Zur Verdeutlichung seien hier mal ein paarAussagen des Films griffig zusammengefasst:
„Da sieht man, was eure amerikanische Vorstellung von Demokratie wert ist – kaum nimmt man ein paar Geiseln, kommt ihr gleich mit Tränengas und Schlagstöcken, ihr Heuchler!“
„Was? Du nimmst Tabletten, nur weil sie dir das einreden? Sieh mich an, ich habe im Krieg gekämpft und nehme nichts! – Oh, höchste Zeit für mich einen Joint durchzuziehen, während ich meine Geiseln im Auge behalte.“
Natürlich hält die aufrechte antikapitalistische Einstellung der Figuren nicht davon ab, sich reichlich an den Luxusgütern des Terrorsystems gut zu tun… Französisches Parfüm und Designerkleider sind halt doch besser als sozialistisches Sackleinen.
Bah, was für eine dunkle Stunde für die Welt, dass dieser Film gedreht und sogar ausgestrahlt wurde! Von Spacken für Spacken gedreht, von Spacken gelobt… ich glaube, ich werde zukünftig behaupten, der Regisseur verstecke General Mladic auf seinem Dachboden.
Ich hörte übrigens, der Film sei seiner Zeit ein großer Erfolg auf der Berlinale gewesen. Das kann ich mir so gut vorstellen, sähe dem pseudointellektuellen Festivalpublikum ähnlich:
„Oha…die slapsticken glubschäugig durch die Gegend…wäre ja voll peinlich, wenn es in einem dieser seelenlosen amerikanischen“ – *ausspuck* – „Mainstreamfilme wäre, aber in einer serbischen Produktion ist es großartig!…Oh warte, ich muss mich kurz bücken um meine Entblähungen zu inhalieren und mich an meiner Intellektualität erfreuen.“
„Sicher doch – ich vögle derweil einen Kaktus!“
Okay, die letzte Zeile war dreiste und unverkleidete Eigenwerbung für den von mir mit verfassten Webcomic „Perlen vor die Säue“. Na und ? So hat dieser Mistfilm wenigstens irgendeinen Nutzen gehabt.
(Dirk M. Jürgens)
Sebastian
11. Dezember 2007 @ 15:23
Puh, Ein Glück habe ich diesen Film nicht gesehen. Aber dein Review war zumindest lohnend!