„Godzilla“ oder Die Rückkehr des Königs der Monster
(2014) von Gareth Edwards
Wenn man eine Reihe neu startet, gibt es immer wieder das gleiche Problem: Man muss eine schon bekannte Einführung noch einmal erzählen. Wieder sterben Batmans Eltern, wieder wächst Tarzan im Dschungel auf, wieder entsteht Godzilla durch Atomtests.
Der erste echte Hollywood-Godzillafilm (ich fand den Emmerich-Versuch nicht so schlecht, wie der Rest der Welt, aber er war schlicht und ergreifend kein Godzillafilm. FAKT!) umgeht dieses Problem, indem er praktisch gleich als zweiter Film einer Reihe beginnt: Godzilla wird zwar erst spät enthüllt, ist aber von Anfang an da und statt des asymmetrischen Kampfes des Monsters gegen die Menschheit trifft er gleich auf einen gleichgroßen Gegner. Das ist erfrischend und löblich!
Man erschafft eine komplett neue Godzilla-Mythologie, die reizvoll mit Elementen der alternative history und Verschwörungstheorie versehen wird und jede Menge Potential für Fortsetzungen bietet: Statt eines Mutanten ist der neue Godzi gewissermaßen der Hauptmieter der Erde und welche Massen anderer Kaijus noch in den Tiefen der Weltmeere lauern, wissen nur eventuelle Fortsetzungen.
Dennoch leidet der Film an einigen enormen Problemen: Es fehlt ihm einfach die Monsterpräsenz. Ich schätze, dass seine Monsterszenen nicht einmal eine Viertelstunde ausmachen und das ist einfach zu wenig.
Es gibt kaum ausgewalzte Zerstörungsorgien und bombastische Kämpfe, die meiste Zeit sehen wir den zum Gähnen langweiligen Protagonisten lediglich in Millitärkreisen und auf Trümmerfeldern. Wenn die Monster erstmals aufeinandertreffen schneidet der Film weg und speist uns mit kurzen Eindrücken auf Fernsehschirmen innerhalb des Films ab. Godzilla selbst taucht spät auf und auch das neue Monster MUTO (nicht allzu innovativ, aber funktionierend gestaltet) macht sich recht rar. Die Erwartung auf die fulminanten Monsterkämpfe, die ja ein solcher „zweiter“ Film weckt, läuft immer wieder ins Leere.
Dieser sparsame, am Arthouse orientierte Ansatz (der dem Vernehmen nach im Vorgänger „Monsters“ äußerst wirksam war) ist hier fehl am Platz. Dazu ist das Kultmonster Godzilla einfach zu wichtig und sind die menschlichen Figuren zu blass: Die bekannten Gesichter Bryan Cranston und Juliette Binoche sterben so früh im ersten Akt, dass ich es ohne Gewissensbisse verraten kann und die dann übernehmenden Figuren sind vollkommen uninteressant. Er Minenräumer, sie Krankenschwester, beide pausenlos supergut zu allem und jedem (sie natürlich ihrem Geschlecht angebracht passiv – ohne seine Erlaubnis geht sie nicht einmal in einen Schutzraum) aber ohne irgendeinen Zug, der ihnen Persönlichkeit gibt. Der charismatische Ken Watanabe (als Fanservice in der Rolle des Dr. Serizawa) wirkt schon mehr, muss den Film als Nichtweißer aber natürlich in der zweiten Reihe verbringen. Die ungeheure Amerikazentrierung des Films ist noch ein ganz eigenes Thema.
Bis kurz vor Schluss war ich also ziemlich enttäuscht und bedauerte, dass die famosen, spärlichen Monsterszenen, in denen wir die Giganten ausschließlich aus der Menschenperspektive turmhoch und beeindruckend bestaunen konnten, nicht in einem unterhaltsameren Film vorkamen.
Doch dann kam der Showdown!
Auch er war nicht allzu lang, auch in ihm wurde sich immer wieder der Heldennull zugewandt, aber er war perfektes Monsterspektakel und meines Erachtens einer der besten der Reihe insgesamt. Wo die charmanten alten Fukuda-Filme gegen Ende meist zu ewiglangen Kloppereien auf freiem Feld wurden, bei denen die Dimensionen der Monster im Grunde egal waren, bleibt man hier in der Stadt, behält die Größenverhältnisse im Blick und zeigt, wie gigantisch Godzilla und sein Gegner sind. Die Wucht ihres Kampfes hat man so in wohl noch keinem der Vorgänger erlebt und der Ausgang ist von einer Drastik, die vor der Macht Godzillas schauern lässt.
Wo Emmerichs Leguanmutant dank alberner Vorstellungen von Realismus so klein und schwach wie möglich sein sollte, dreht Edwards die Regler voll auf und steht offen dazu, absoluter Fan des Monsters zu sein. Diese Szenen entschuldigen für alles, was bislang schief gelaufen ist und führen uns einen Godzilla vor, wie man ihn mächtiger nie erlebt hat.
Hoffen wir, dass es Sequels gibt und dass diese den unangebrachten Kunstanspruch aufgeben. Mögen sie sich stilistisch, aber nicht dramaturgisch daran orientieren und vielfältige neue Monster bringen, die vielleicht auch weniger konventionell sind, als MOTU… auch, wenn Abgedrehtheiten wie mein Favorit Gigan hier wohl nicht hineinpassen.
Insofern möchte ich den Film durchaus vorsichtig empfehlen. Er macht vieles falsch, aber auch einiges richtig und wenn er auch die Quantitäten falsch setzt, so stimmen doch die Qualitäten.