Neil Gaiman in Köln
Am 16. März 2007 las Neil Gaiman (Autor von Horror und Fantasy und Preisträger sämtlicher Genre Awards und Comicpreise des bekannten Universums) in einem großen Toyota-Autohaus in Köln und es war wirklich ein… genau… großartiger Abend. Und wir waren dabei!
(Anmerkung: Der Bericht erschien ursprünglich im Privatblog des Autors – Stilblüten bitten wir zu ignorieren.)
Bevor man einem so großen Meister vor die Augen tritt stellen sich natürlich einige Fragen. Ist er wirklich genauso sympathisch und freundlich wie man ihn von Blog und Büchern und Interviews kennt? Bekommen wir gute Plätze? Ob wir wohl die Gelegenheit bekommen, unsere Bücher signieren zu lassen? Glücklicherweise beantworteten sich die Fragen mehr oder weniger der Reihe nach mit einem “Ja!” und tatsächlich saßen wir allesamt in der ersten Reihe, und Herr Gaiman hat sich sogar die Zeit genommen, einige Publikumsfragen zu beantworten. (Ich habe nach dem “Beowulf”-Film gefragt und ob er schon mehr davon zu sehen bekommen hätte als wir. Er weiss leider auch kaum mehr als wir (ausser daß er natürlich das Drehbuch geschrieben hat…) und resümmierte zum Schluß daß es wohl entweder einer der besten Filme wird, die wir je sahen oder ein weiterer großer Hollywood-Film auf den wir jahrelang warten und der dann im Endefffekt ein computergenerierter Reinfall wird.)
Es war eine seltsame Mischung, die die Publikumsränke füllte an diesem Freitagabend. Viele Anzugträger, die wohl allein wegen ihres Kulturkarmas von einer Veranstaltung zur Nächsten tingelten auf der “lit. Cologne”. Seltsamer noch der Umstand, das die Lesung in einem Toyota-Autohaus stattfand…
schön allerdings die Moderation von Helmut W. Pesch, seines Zeichens Tolkien-Jünger, Autor und Übersetzer klassischer Fantasy und die Co-Lesung der deutschen Übersetzung von Gaimans “Anansi Boys” durch Gerd Köster, der mit fester Stimme bereits Nick Hornby als Hörbuch intonierte.
“Anansi Boys”, beziehungsweise des Buches deutschsprachige Erstveröffentlichung, war denn auch der Anlaß dieser Lesetour. Die Lesung war wunderbar und da ich das Buch schon gelesen habe, habe ich mich besonders über einige sehr lustige Stellen gefreut, die zum besten gegeben wurden. Knapper als “American Gods” und eine großartige Mischung aus Horror, Fantasy, Mythologie und viel Comedy kann ich “Anansi Boys” jedem Freund der Weird Fiction mit Nachdruck ans Herz legen.
Natürlich ist es immer ein seltsames Gefühl wenn man die heimatlichen Schrulligkeiten auf eine bedeutende Persönlichkeit (sofern er der deutschen Presse überhaupt bekannt ist, machen wir uns da nichts vor!) wie Neil Gaiman losgelassen sieht und auch bei diesem Deutschlandbesuch gab es wohl einige seltsame Begegnungen, wie zum Beispiel die mit einem Journalisten, der ihm sagte “er erwarte wohl nicht ernsthaft, daß irgendjemand in Deutschland seinen Kindern noch Grimms Märchen vorlese, die seien doch viel zu grausam, veraltet und unmöglich kindgerecht.” Donner und Doria, wie peinlich. Mr. Gaiman erzählte dann auch auch von einem deutschen Journalisten auf der Coraline-Tour, der ihm vorwarf “das Kinderbuch sei unpädagogisch, da Coraline (deren Eltern in eine Art Spiegelwelt entführt werden – von einer „Other Mother“, der Knöpfe ins Gesicht genäht wo ihre Augen sein sollten) ihr Problem auf eigene Faust löst, anstatt einen Erwachsenen zu fragen”… ausserdem stellte Gaiman fest, daß “die Deutschen unheimlich versessen darauf sind, alles in Genres einzuteilen” was er selber eben nicht mache, weil das Leben auch viel zu komplex sei, als das man es in ein Genre verpacken könnte und deswegen könne er das auch nicht im nachhinein bei seinen Geschichten tun.
Ein paar kulturelle Probleme gibt es hier und da also schon, aber immerhin… kein Martin Semmelrogge weit und breit (O-Ton Gaiman: Mad Martin Semmelrogge).
Über den Signiertisch gingen an jenem Abend einige interessante Dinge, darunter eine Handvoll
Museumsausgaben der Sandman-Reihe und Dirk sah sogar jemanden mit einer gebundenen Ausgabe der Lovecraft-Comedy-Kurzgeschichte “Shoggoth’s Old Peculiar”.
Ich für meinen Teil ließ mir meine Hardcover-Erstausgabe von “The Wolves in the Walls” signieren (”Sebastian, it’s all over!”) und der gute Dirk erzählte Neil von seinem Alptraum, in
dem J.K. Rowling seine Ausgabe von “American Gods” signierte was ihm eine exklusive Widmung “signed by Neil Gaiman, not anyone else” einbrachte.
(Sebastian Kempke / Schnappschüsse: Sebastian Kempke)