Kurzkritik – Joe Haldeman: „Der ewige Krieg“
Joe Haldeman: „Der ewige Krieg“
(„The Forever War“, dt. Ausgabe Heyne 2009) Science Fiction, Krieg
Hierzulande wohl eher unbekannt, scheint mir dieser Roman ein SF-Klassiker eher zweiter Ordnung zu sein, der mir aufgrund seiner Prämisse aber höchst lesenswert klang: Die Menschheit befindet sich am anderen Ende des Universum im Krieg mit den Tauriern, doch der Weg dorthin ist so weit, dass man nur überlichtschnell dort hinkommt, was die Nebenwirkung hat, dass in der Heimat wesentlich mehr Zeit vergeht. Wenn Protagonist Mandella also seine zwei Jahre Wehrdienst abgeleistet hat, ist zwar sein Sold durch die Zinsen zu einem Vermögen angewachsen, jedoch sind die Menschen, die er kannte tot oder uralt. Die Welt also, für welche die Soldaten kämpfen gibt es schon gar nicht mehr, wenn sie zurückkehren. Angetippt wurde das Konzept ja auch in „Ender’s Game“, hier steht es aber im Mittelpunkt.
Die Umsetzung dieser äußerst guten Idee fesselte mich dann allerdings recht wenig. Dass Kampfhandlungen nur wenig Platz einnehmen ist nicht das Problem und zudem recht realistisch, doch legt Haldeman soviel mehr Augenmerk auf die Technik, als auf die Menschen, dass ich immer wieder den Faden verlor. Unschlüssig bin ich, was ich davon halten soll, dass die zukünftige Erde nur von Homosexuellen bewohnt wird, welche die letzten Heteros gewaltsam umerziehen. Es kann sein, dass es der Verfolgung sexueller Minderheiten den Spiegel vorhalten soll, aber da sich auch Mandella von Homosexualität eher abgestoßen fühlt (und man Verständnis für ihn haben sollte, so aggressiv wie sie ihm begegnet), wird der Punkt nicht sauber gemacht.
Keine unbedingte Leseempfehlung, aber auch kein Abraten.
Hinweisen möchte ich jedoch darauf, dass dieses Buch wieder einmal die Arroganz und Geringschätzung deutscher Verlage gegenüber Literatur zeigt: Im Vorwort zu dieser Neuauflage erklärt Haldeman, er wisse, wie unwahrscheinlich es wirke, dass ein Weltraumkrieg im Jahr 1997 spielt. Er habe es jedoch bewusst so geschrieben, damit ältere Figuren, wie etwa die Ausbilder Mandellas wie er selbst Vietnam-Veteranen sein könnten, da dieser Krieg die Grundlage des Romans war.
– Und gleich darunter findet sich eine Anmerkung der Redaktion, dass das wohl doch etwas schwer vorstellbar wäre, man die Handlung also dreihundert Jahre in die Zukunft verlegt hätte. Scheiß auf Haldeman! Was weiß der schon? Ist doch nur der Autor!
Nicht ganz so dreist, wie die Germanisierung von Huxleyx „Brave New World“, aber dennoch ein empörender unbefugter Eingriff in ein fremdes Werk. Und nebenbei, liebe Redaktion: Euer Ausdruck „Barras“ ist wesentlich unzeitgemäßer, als Weltraumschlachten in den 90ern.