„Big Fat Important Movie“ oder Wenn dir dein Land Redefreiheit gewährt, danke es ihm, indem du die Klappe hältst!
„Big Fat Important Movie“ (2008) von David Zucker
Dass man ihn mit dem alternativen Titel, unter dem ich ihn gesehen habe in die Reihe der abschäumigen Irgendwas-Movies gestellt hat, geschieht „An American Carol“ ganz recht. Klar hatte er nie eine Chance bei mir, weil ich jetzt nicht so tue, als hätte ich wirklich ein Herz für Fox-News-Comedy, aber ich war dann doch noch überrascht, WIE mies er war. Da hätte ich „Nackte Kanone“-Veteran David Zucker doch einen Rest Gefühl zugetraut.
Bitte umdrehen, Mr. Dickens
Die Grundidee ist (lassen wir die Politik jetzt mal beiseite) tatsächlich gut: Michael-Moore-Karikatur Malone will den Vierten Juli abschaffen, da erscheinen ihm drei Geister die ihm zeigen, wie toll die US-Aktionen im Nahen Osten doch sind. Halt Charles Dickens oft nachgeahmte und parodierte „Christmas Carol“ diesmal auf patriotisch. Doch der Film schafft es nicht einmal, diesem simplen Programm zu folgen. Nach einem kurzen Auftritt Kennedys hängt Malone die meiste Zeit über mit General Patton rum, George Washington darf kurz „Remember 9/11!“ rufen, dann taucht der reale und lebende Country-Sänger Trace Adkins (muss man wohl nicht kennen) als antiklimatischer Todesengel auf. Bevor dann wieder Patton kommt. In einer völlig egalen Rahmenhandlung erinnert Leslie Nielsen daran, dass er verdammt viel mehr Mist als gute Filme gedreht hat und in einer austauschbaren Nebenrolle verdient sich Dennis Hopper vermutlich etwas Drogengeld.
Der größte Gag des Films ist sein Handlungsstrang der Taliban, die verzweifelt sehen, wie der Nahe Osten von der Großartigkeit Amerikas überzeugt sind. Da war man ’08 wohl etwas optimistisch.
Oh, noch ein schönes Eigentor: Irgendwie macht man Malone auch zum Vorwurf, dass er mehrere kranke Tiny-Tim-Versionen in der Familie hat, für die er finanziell sorgen sollte. Tja… da könnte eventuell die satanische Kommunistenweltuntergangserfindung Obamacare helfen, nicht wahr, liebe Konservative?
Grundlage des Films ist das Motto „Entweder unhinterfragender Patriot oder terroristischer Verräter“ und wir haben es hier nicht mit einer Satire oder wirklichen Parodie (zu der Moore ja durchaus Potential böte) sondern purer, hasserfüllter Propaganda zu tun.
So existiert die Möglichkeit unterschiedlicher politischer Meinungen hier gar nicht: Wer nicht vorbehaltlos die Truppen bejubelt, ist entweder Staatsfeind oder einer Lügenpropaganda aufgesessen. Selbst denken können nur Fox-News-Zuschauer, alle anderen sind bloße Marionetten. Auch sonst gibt es keine Zwischentöne: Wer gegen den Irakkrieg ist, muss folgerichtig auch dagegen sein, dass man Hitler mit militärischen Mitteln entgegentrat. Entweder ist Krieg immer gut oder immer schlecht, zu behaupten, es gäbe unterschiedliche Fälle, die einzeln betrachtet werden müssten, ist eine Lüge jener Antichristen, die an die Evolutionslüge glauben.
USA or GTFO!
Entsprechend kann man auch an Malone kein gutes Haar lassen: Es mangelt ihm an politischem und historischem Wissen, er frisst ständig, läuft würdelos jeder Frau hinterher, ist nach einem Jahr vom College geflogen, riecht streng und seine Filme sind Misserfolge bei Kritik wie Publikum. Letzteres beißt sich zwar damit, dass er im Film eine wichtige Leitfigur der Linken sein soll, aber ein Film, der ihm allen Ernstes das Geburtsdatum Hitlers gibt, denkt wohl auf anderen Bahnen. Hier vorzuwerfen, dass die Karikatur ziemlich am echten Moore vorbei geht, wäre verschwendete Mühe. Zumal der Film seinen Ekel vor dem Andersdenkenden eh keinen Moment unterdrücken kann und Malone beständig von anderen Figuren schlagen oder treten lässt, was wieder mal einen gewissen Einblick in das Weltbild seiner Macher gewährt.
Weil eine Nazi-Unterschiebung nicht genug ist (überhaupt wiederholt und übererklärt der Film gern seine lauen Gags, weil er wohl weiß, dass seine Zielgruppe es braucht) erhält Malone nach dem Oscar (der völlig unwichtig, da nur für einen Dokumentarfilm ist) übrigens den „Leni Riefenstahl“-Award. Dies ist Anlass für einen längeren Einspieler, der erklärt, wer Riefenstahl war, damit der aufrechte Patriot auch weiß, wie toll dem Muselversteher gerade eingeschenkt wurde.
Entsprechende Geistesgröße peilt auch das Humorverständnis an: Ständig werden Leute (in der Regel Malone) gegen den Kopf geschlagen und dann darf auch gern mit dem Gesicht in Suppen oder Torten gefallen werden. Alles mehrmals in Folge. Dann ernstgemeinte Patriotismus-Szenen etwa von betenden US-Soldaten oder eben den Opfern des 11. September. Eine richtige Verbindung dessen, was er politisch sagen will und seiner… nennen wir es mal Komik bekommt „American Carol“ nie hin. Stattdessen wird halt nochmal erwähnt, dass Malone stinkt. Haha.
Zur politischen Position, gegen die er sprechen will, weiß der Film offenbar nichts zu sagen, weshalb er entweder an der Sache vorbei redet oder einfach absurde Strohmänner aufbaut, auf die er dann eindrischt, um sich als Sieger zu fühlen. Es bedarf wohl keiner Erwähnung, dass auftauchende Konservative – seien sie fiktiv, wie Malones tapferer Soldatenenkel oder real, wie Moderator Bill O’Reilly – ohne jegliche Gags, vollkommen ernst inszeniert werden. Dabei sind sie so uninteressant, blass und zweidimensional, wie bei Propagandahelden wohl üblich.
Wenn der geläuterte Malone am Ende fast von Friedensdemonstranten gelyncht wird (weil die ja dumme Heuchler sind… VERSTEHSTE?!?), retten ihn einige zufällig anwesende Soldaten. Aus eigenem Antrieb, einfach, weil US-Soldatentum nun einmal für das Gute im Menschen steht. Zitat: „Danken Sie nicht uns, sondern den Rekrutierern, die uns damals auf dem College angeworben haben!“
Wie gesagt hatte der Film bei mir nie eine echte Chance, aber ich glaube guten Gewissens sagen zu können, dass er auch objektiv als Müll unterster Schublade zu kategorisieren ist.
Egal, wie man zu seiner politischen Haltung steht, er kann sie nicht vertreten, ohne zu betrügen (Moores/Malones Gewicht hat nichts mit Politik zu tun). Sein Humor ist plump und primitiv und auch als Schmähung eines Feindes ist er einfach stillos. Man kann froh sein, auf der politischen Gegenseite zu stehen, um nicht mit ihm assoziiert zu werden (Konservative mit funktionierendem Gehirn fühlten übrigens zum Teil ebenso).
Wenn es DAS ist, konservatives Amerika, was du komödiantisch zu bieten hast, dann jammere bitte nicht länger rum, dass Hollywood von Liberalen beherrscht sei.