„Teenage Mutant Ninja Turtles“ oder Noch immer Cowabunga!
„Teenage Mutant Ninja Turtles“ (2014) von Jonathan Liebesman
Wer des Lesens überdrüssig ist, dem bietet der Buddelfisch die Chance, zumindest ein paar grobe Kerninhalte des folgenden Reviews auch in leicht bekömmlicher Videoform zu konsumieren – in seiner dritten „Leinwand aus Papier“-Folge.
Michael Bays „Transformers“-Filme haben mich relativ kalt gelassen. Der erste wäre ganz nett gewesen, hätte man die Menschen – und insbesondere den peinlichen Pansenhumor -herausgeschnitten und nur ein knappes Robotergekloppe gelassen, aber mit Fortgang der Serie wurde selbst die Action undurchschaubarer. Da ich aber nie eine Transformer-Figur besessen, oder die Trickserie verfolgt hatte, kümmerte mich das alles wenig.
Mit den „Teenage Mutant Ninja Turtles“ ist das anders: Deren Serie habe ich begeistert verfolgt, fand die dazugehörigen Actionfiguren erst kürzlich wieder und habe mit mittlerweile auch die Originalcomics als Hardcoverausgabe zugelegt. Um etwas Neid zu schüren: Auf dem Jahrmarkt habe ich während der ersten Turtlemania sogar eine fast lebensgroße Raphael-Puppe gewonnen.
Würden diese Kindheitshelden von Michael Bay (wenn auch diesmal nur als Produzent, nicht Regisseur) auch versaut, würde es mich doch härter treffen.
Ninja Turtles okay… aber Ninja Turtles mit Nasen?
Die Vorberichterstattung ließ mich Schlimmes erahnen. Konnte Sexbombe Megan Fox eine gute April O’Neil (für Outsider: Reporterin und beste Freundin der Turtles) abgeben? Und was sollten diese seltsamen Nasenlöcher, welche den Helden ihr freundliches Aussehen nahmen und sie unangenehm realistisch reptiloid wirken ließen? Und würde man vor Kameragewackel überhaupt etwas erkennen?
Nach Sichtung kann ich sagen: An die Nasen hatte ich mich etwa nach der zweiten Szene gewöhnt und da die Turtles hier allgemein größer, härter und monströser sind, passten sie sogar recht gut ins Bild. Megan Fox überzeugt hingegen tatsächlich nicht (es passt einfach rein optisch nicht), aber es ist nicht so schlimm, dass der Film daran scheitert. Sorgen, man könnte die beliebte Figur zum Eye Candy reduzieren, bleiben zudem unerfüllt: Sowohl ihr Kollege (Vernon aus der Trickserie!) als auch Michelangelo begehren sie, aber der Film zeigt es meist aus ihrer und nicht aus deren Perspektive und es wird vor allem nicht als heiß, sondern als komisch inszeniert.
Unüblich für die tausendfach entführte Figur ist, dass sie quasi durchgängig in Freiheit ist. Zu Anfang gerät sie einmal kurz in eine Geiselnahme und wird später von den Turtles selbst entführt, darf allerdings auch entscheidend im Showdown mitmischen.
Sage ich es also gleich frei heraus, auf dass ich in so vieler Leute Achtung fallen werde: Michael Bays „Teenage Mutant Ninja Turtles“-Film hat mir gut gefallen!
Alles neu macht der Bay
So… liest noch wer mit?
Zunächst einmal verweise ich jeden Turtles-Fan darauf, wie viele verschiedene Interpretationen der Schildkröten es bisher schon gab (drei Trickserien, eine Filmreihe und grob geschätzt fünf Comicserien?) – da ist kaum etwas kanonisch, insoweit wäre es albern, hier Abweichungen von der eigenen jeweiligen Lieblingsversion zu beklagen. Die Grundzüge (etwa, die vier Turtles nach den vier Temperamenten zu charakterisieren) sind auch hier wieder enthalten und sonst stand ja nie viel fest.
Nach also den campigen Killerkröten der Comics und den familienfreundlichen Spaßvögeln der alten Trickserie gibt es nun die anabolikagefütterte BADASS-Version. Zu loben ist hier das Design, welche die Helden sehr viel individueller gestaltet, als in allen früheren Versionen. Der alte Witz „Konnten Sie den Ninja Turtle identifizieren, der sie ausgeraubt hat?“ – „Nein, er trug keine Maske.“ passt hier also nicht mehr
Aufgestockt wurde auch Erzfeind Shredder. Er ist nicht mehr nur ein Samurai, sondern trägt gleich einen Cyberanzug mit mehr Klingen, als ein Igel Stacheln, die sich noch dazu verschießen lassen. Quasi ein Schweizer Samuraitaschenmesser. Seine Untergebenen, die ja schon sowohl Menschen, als auch Roboter waren, sind hier zeitgemäß nach Terroristen gestaltet und statt fernöstlicher Klingen mit automatischen Waffen ausgestattet. Ihr Design mit Palästinensertüchern, ohne Masken, dafür aber mit schwarz bemalten Gesichtern ins allerdings verbesserungswürdig.
Eine hübsche Idee ist es, dass die Turtles ihre Namen und Farbmarkierungen nun aus ihrer Zeit als Versuchsobjekte in einem Forschungslabor haben. Meister Splinter ist nun wieder eine mutierte Ratte und kein mutierter Mensch und hat sich seine unschlagbaren Kampfesfähigkeiten aus einem, in der Kanalisation gefunden Buch über Ninjas angelesen. Nein, das ist nicht sehr glaubwürdig. Aber nach dem G-Wort braucht man hier eh nicht Ausschau zu halten.
Die Technik der Turtles
Dass die Designs mein Wohlwollen fanden, sagte ich ja bereits, dass die Spezialeffekte tadellos und bombastisch sind, versteht sich bei Preisklasse und Produzenten des Films wohl von selbst. Anders, als bei den, oft in mechanischen Einzelteilen verschwimmenden „Transformers“ kann man hier sogar recht was davon erkennen. Zwar lässt das übliche Schnittstakkato die Eleganz der Kampfkunst nicht wirklich zur Geltung kommen, aber man behält doch zumeist genug Überblick, die Actionszenen zu genießen.
Der Humor des Films ist auf eher niedrigem Niveau angesiedelt, ziemlich albern und zuweilen auch peinlich. Doch sind wir auch hier ehrlich: Die Sprüche der Turtles wurden auch früher selten mit Oscar-Wilde-Zitaten verwechselt. Trotz vereinzelt pathetischer Reden Splinters ist der Film offen, ehrlich und unbeschwert albern und steht dazu.
Darum kann man ihm auch den nur teilweise sinnvollen Plan der Schurken verzeihen und nimmt ihm ab, dass Schildkrötenpanzer MP-Salven abwehren und unsere Helden ganze Container schleudern können. Es ist kein Film, der versucht „Die zwölf Geschworenen“ oder „Casablanca“ zu sein, es ist ein heiteres Fest vom Schlage eines „G. I. Joe: Geheimauftrag Cobra“, nur ohne dessen Militarismus. Es ist ein Film um jugendliche mutierte Ninjaschildkröten!
Wenn man mit DER Prämisse nicht saudämlich sein darf, mit welcher dann?
TomHorn
5. Dezember 2014 @ 22:31
„Michael Bays „Transformers“-Filme haben mich relativ kalt gelassen. Der erste wäre ganz nett gewesen, … , aber mit Fortgang der Serie wurde selbst die Action undurchschaubarer.“
Das kann ich so nicht unterschreiben, es ist eigentlich sogar eher anders herum. Im ersten Film verfolgt der Zuschauer die Action aus Sicht der Menschen, weswegen man meistens kaum richtig etwas sieht; in Teil 2 und 3 entschied sich Bay zum Glück dafür, die Action-Szenen größtenteils aus übersichtlichen Panorama-Shots zu zeigen.