„Jesus liebt mich“ oder Florian David Fitz liebt sich
„Jesus liebt mich“ (2012) von Florian David Fitz
David Safiers Romanvorlage habe ich nicht gelesen, und da der Film sich ausdrücklich nur „nach Motiven von“ derselben bezeichnet, versuchen wir mal in dubio pro reo von Schlüssen über diese abzusehen.
Zur Handlung: Jesus kehrt einige Tage vor der Apokalypse auf die Erde zurück um irgendwas an der Menschheit zu prüfen. Was bleibt unklar – mal heißt es, er wolle sehen, ob sie reif für das Endgericht sei, mal recherchiert er völlig sinnlos, da ja in Kürze eh komplett gerichtet wird. Aber durchdachte Konstruktion findet man hier auch sonst selten.
Das Augenmerk liegt auch eh nicht auf etwas so unbedeutendem wie dem Weltuntergang, sondern Befindlichkeit und Liebesleben der Heldin Marie (Jessica Schwarz). Die lässt gleich zu Anfang in alter sexistischer RomCom-Tradition ihren Verlobten vor dem Altar stehen, was aber voll okay ist, da dieser durch seine eher mangelnde Attraktivität und Verbundenheit zu seiner Mutter minderwertig ist und als Mann ja eh keine Gefühle hat. Genreuntypisch äußert Marie deshalb später übrigens tatsächlich mal Zweifel, aber der anwesende Messias vergibt ihr sofort – am Ende kommt der andere Typ mit einer anderen Frau zusammen, deren Schielen so deutlich betont wird, dass wir beruhigt sein können, dass seine niederen Gene keinen Herrenmenschen beflecken.
Moment! Eigentlich war ich ja noch bei der Story…
Okay, Jesus und Marie begegnen sich, verlieben sich und das führt zu einem Konflikt zwischen ihren Gefühlen und seiner kosmischen Aufgabe und irgendwie zieht auch noch ein nicht übermäßig eindrucksvoller Satan die Strippen. Maue Komik (selten habe ich einen Film gesehen, bei dem mir so oft spontan bessere Dialoge einfielen) mischt sich unsauber mit Melodramatik und halbherzigem Jesuskitsch. Keiner der Bestandteile gelingt jedoch übermäßig, da die Apokalypsenhandlung durch eingangs erwähnte Unklarheit wirr bleibt und die Heldin recht unsympathisch ist. – Ja, man gibt vor, es sei eh eine Läuterungsgeschichte, aber auch das beißt sich mit dem Bridget-Jones-Billigstil ihrer unpointinierten Voice-Overs. So muss sie zwar anerkennen, dass die neue Frau ihres Vaters es offenbar ehrlich mit diesem meint, was sie sich nicht vorstellen konnte, aber von wirklichen, echten unangenehmen Wahrheiten bleibt sie sonst so ziemlich verschont. Etwa, was der Umstand über sie aussagt, dass sie, als Jesus erklärt, aus Palästina zu kommen, ihn sofort als Terroristen einschätzt. Scheint, als wenn bei weiblichen Ich-Erzählern Rassismus derzeit nicht wirklich als Problem gesehen wird.
Florian David Fitz ist als kitschiger Postkartenjesus gut besetzt, dass er bei einem Film, bei dem er Drehbuch und Regie übernimmt, sich selbst die durchgängig bejubelte Messias-Rolle gibt, wirkt allerdings schon etwas narzisstisch. Wobei der Erlöser (wie auch der später auftauchende Gottvater selbst) hier allerdings erstaunlich merkbefreit wirkt und die Erde offenbar die letzten 2000 Jahre nicht weiter beachtet hat, was teils für plumpe fish-out-of-water-Klischees genutzt wird. Apropos: Wenn er Marie wasserwandelnd vor dem Ertrinken rettet, dürfen wir sogar die klassische Frauenroman-Titelpose betrachten, bei welcher ein gut gebauter, meist langhaariger Kerl mit offenem Hemd eine Frau auf Armen trägt – Ironie ist dabei übrigens keine zu erkennen.
Die Rettung der Welt geschieht natürlich am Ende im Grunde durch Marie, so dass der Selbstbestätigung der, sich mit ihr identifizierenden Zuschauerinnen auch hier nicht etwa das Hindernis in den Weg gelegt wird, ihr Macker könne sie überstrahlen, nur weil er zufällig der Sohn Gottes ist. Die zugrundeliegende Fantasie ist gewissermaßen: „Der einzig würdige Mann für mich ist der Messias, der mir mehr Wert einräumt, als der gesamten Menschheit.“
Nach wie vor will ich den Roman nicht vorverurteilen, aber ich habe doch den Verdacht, hier könnte auf die große Käuferschicht dummer Frauen gezielt worden sein, die mit plumper Schmeichelei und ohne viel Hinterfragens schon so machen Bestseller geschaffen hat (bevor das wer als frauenfeindlich missversteht lese er bitte den verlinkten Artikel).
Um zumindest etwas versöhnlich zu schließen (Jesus zuliebe): Der deutsche Filmmarkt hat schon künstlerisch wie ideologisch Schlimmeres hervorgebracht und wird es auch künftig tun. „Jesus liebt mich“ kann zumindest eine recht hübsche Optik mit gelungenen Effekten und einen recht charmanten, dreist an Danny Elfmann angelehnten Score verbuchen. Ob das am Jüngsten Tag für den Passierschein bei Petrus reicht, mögen andere beurteilen.