„300: Rise of an Empire“ oder Das Problem mit Zack Snyder
„300: Rise of an Empire“ (2014) von Noam Murro
Ich weiß, dass er hier nicht Regie geführt hat, aber ich denke, man wird es mir nachsehen, wenn ich diesen Film zum Anlass nehme, kurz generell über ein Problem im Bezug auf Zack Snyder zu klagen: Ich mag seine Filme irgendwie, aber irgendwie meine Reviews dazu nicht.
Fast alles, was ich über ihn geschrieben habe, habe ich später noch einmal umformuliert oder es mir zumindest vorgenommen. Die Stellungnahme Dani Colmans für „Sucker Punch“ (man lese unbedingt auch die bei ihr verlinkten Artikel) hat mich an meinen eigenen Ergebnissen zweifeln lassen und ich weiß wirklich nicht, ob sein Werk nicht im Grunde viel tiefer ist, als ich immer gedacht habe und das, was mir Naivität scheint, in Wahrheit Raffinesse ist.
Kaum wer verteidigt Verhoevens „Starship Troopers“ so sehr wie ich als geniale Satire auf seine unangenehme Vorlage, aber ich kann tatsächlich nirgendwo dran festmachen, wieso der, von einem unzuverlässigen Erzähler geschilderte „300“ nicht vielleicht den gleichen Trick abzieht.
Nachdem das erledigt ist, glaube ich aber, das Pre-/Se-/Interquel „Rise of an Empire“ dennoch ohne größere Einschränkungen ideologisch verdammen zu können. Wer den Vorgänger mochte, wird auch hier wieder auf seine Kosten kommen, denn stilistisch gleicht er ihm ungeheuer, mit seinen Zeitlupen, Blutbädern,eingeölten Körpern und pathosstrotzenden Dialogen. Auch hier wird wieder der Heldentod bejubelt und historienwidrig von Freiheit geschwallert, auch hier wieder sieht keine Szene der Realität auch nur annähernd ähnlich. Nur Monster gibt es diesmal leider nicht.
Etwas angenehmer ist, dass wir diesmal „normale“ Griechen und keine spartanischen Faschisten als Helden haben, aber das ist an der Front, wo wir uns die meiste Zeit befinden, kein allzu großer Unterschied. Zum Ersatz kommt aber ein hübscher Spritzer Frauenfeindlichkeit dazu: Xerxes‘ Truppen werden mit Artemisia von einer Frau angeführt und am Ende zieht auch Leonidas‘ Witwe Gorgo (deren Story im Vorgänger ja die geballte antidemokratische Breitseite war) in den Kampf. Alles toll, nicht wahr? Sind doch starke Frauen, die jede Menge Blut vergießen!
Nun… wer dem Link im Sarkeesian-Artikel noch nicht gefolgt ist, lese jetzt mal Sophia McDougalls „I hate strong female characters“, das schön ausführt, was für ein Lippenbekenntnis diese Stärke in der Regel ist.
In „300“ (beiden Teilen) geht es nämlich vor allem um eines, nämlich große Ideale – um es mit Marinettis futuristischem Manifest zu sagen „die schönen Ideen, für die man stirbt“. Jeder Mann, der hier selbstbestimmt sein Leben gibt, tut es für sein Land, die Freiheit oder seine Religion. Gorgo aber will lediglich Vergeltung für den Tod ihres Mannes (wie sie in ihrer Rede vor der Schlacht extra hervorhebt) und Artemisia Rache dafür, dass Griechen ihre Familie abschlachteten, sie versklavten und (vermutlich) vergewaltigten. Beides also Dinge mit klarem Männerbezug.
Artemisia hat später sogar noch Sex mit ihrem Feind, womit sie ihn umzudrehen hofft. Als das misslingt, ist sie erst richtig fanatisch vom Hass auf ihn erfüllt. Die Damen können nicht über die kleine Welt eigener Befindlichkeiten hinaussehen. Das könnte in einem anderen Film Berechtigung haben, aber nicht in einer idealistischen Geschichte wie dieser.
Ich bin kein Freund freudianischer Überinterpretation, in der jede Waffe ein Phallus und jede Wunde eine Vagina ist (hey, so läuft Töten nun einmal ab), doch der Showdown ließ auch bei mir entsprechende Glocken läuten, wobei ich hier aber nichts spoilern möchte. Sagen wir es so… ich hätte nicht gedacht, etwas so überzogen Sexualsymbolisches wie den letzten Kampf unseres Helden und Artemisias außerhalb eines „Austin Powers“-Films zu sehen.
So schließe ich mit dem komplett überraschungsfreien Fazit, dass der Film stilistisch toll ist und als aufpeitschendes Schlachtengemälde wunderbar funktioniert, ideologisch aber erwartungsgemäß wenig erbaulich ist. Vielleicht tatsächlich ein Argument dafür, dass Snyder tiefsinniger ist, als gedacht: War im ersten Film alles durch die Brille eines unzuverlässigen Erzählers gefiltert, interagiert die diesmal erzählende Gorgo bruchlos mit der Story, wird dadurch also glaubwürdiger, ihre nun monsterfreie Geschichte dadurch „wahrer“.
Insofern habe ich Snyder noch immer nicht enträtselt, aber das muss ich ja auch nicht. – Das hier ist schließlich nur eine Rezension zu „300: Rise of an Empire“, verdammt nochmal!
Gregor
25. März 2014 @ 16:54
„Nur Monster gibt es diesmal leider nicht.“
Mann, zum Glück hab ich mir den erspart!
Dirk M. Jürgens
25. März 2014 @ 17:05
Na gut, um präzise zu sein: Es gibt sekundenlang Riesenmuränen in einer Traumsequenz zu sehen und die Raubkatze an Xerxes‘ Thron könnte auch etwas überdimensioniert sein, aber angesichts des ersten Teils mit seinen Orks, Riesen und „Mortal Kombat“-Henkermutanten ist das so gut wie nichts.