#19 Ferne Sterne
Es geht um: „Heliosphere 2265“ Bd.1: „Das dunkle Fragment“ von Andreas Suchanek & „Masters of the Universe“ Vol. 1 von James Robinson, Keith Giffen, Phillip Tan, Pop Mhan & Geoff Johns.
Lang, lang ist’s her, dass es hier eine Weird Week gab! Der aktuelle Anlass ist aber ein besonders erfreulicher: Wir haben Rezensionsmaterial bekommen!
Ja, trotz der eher geringen Quote dessen, was hier wohlwollend besprochen wird, gibt es noch mutige Produzenten, die uns mit Freiexemplaren versorgen. Genauer gesagt geht es um die neue SF-Romanserie „Heliosphere 2265“, die man hier als Buch oder E-Book beziehen kann.
Eine deutsche Space Opera über die Besatzung des Raumschiffs HYPERION, welches sich auf sensibler Mission befindet, die zu einem Wiederaufflackern des Krieges mit den außerirdischen Parliden führen könnte, jedoch auch argwöhnisch von politischen Intriganten der eigenen Seite beäugt wird.
Schon sehr früh zeigt sich ein Problem, welches SF-Filme meistens haben, die Literatur aber umgehen können müsste: Der nötige Background der dargestellten Welt wird direkt und plump über Dialoge mitgeteilt. Niemand nennt eine Person, eine Maschine oder eine Einrichtung einfach beim Namen, stattdessen wird lang und breit erklärt, was die handelnden Figuren eh wissen. Um zu erklären, dass ein auf dem Mars geborenes Crewmitglied genetische optimiert wurde, wird gleich ein Abriss der Geschichte des roten Planeten gequatscht, was so wäre, als würde man bei einer Erwähnung Obamas bis zu Columbus ausholen.
Dann hat man sich leider bei „Star Trek“ die falschen Sachen abgeguckt, indem man ähnlich elaboriert technobabbled, was der Dramaturgie nicht wirklich gut tut: „WAS? Das mir unbekannte technische Gerät hat eine mir unbekannte Fehlfunktion? In einer überraschenden Wendung reparieren wir es mit folgender unbekannter Maßnahme…“ – Das ist nicht wirklich spannend.
In einem anderen Punkt hat man aber von besagter Franchise gelernt: Der Kommandantensessel verfügt nicht nur über Gurte, sondern sogar ein eigenes Schutzfeld. Das ist ein schönes Detail.
Etwas überwältigt war ich anfangs von der Masse an Figuren, die man uns gleich zu Anfang vorstellt, aber da leistet man recht pfiffige Abhilfe, indem die Charaktere hinten mit kleinen Portraitzeichnungen aufgeführt sind.
Geht der Daumen nun also hoch oder runter? Keine Ahnung.
Es ist nicht wirklich meines, aber es ist auch nicht wirklich schlecht. Gut möglich, dass die Serie im Laufe der Zeit, wenn Figuren und Welt ausreichend etabliert wurden noch ordentlich dazu gewinnt. Wer also generell Lust auf eine unterhaltsame Space Opera hat, soll hier gern einmal zugreifen.
Auch unser nächstes Stück bedarf einer kleinen Einleitung: Es gibt Leute, die glauben, „Masters of the Universe“ wäre die beste Actionfigurenfranchise überhaupt – und es gibt die, die es wissen.
So, damit dürfte jeder üble Verdacht von Objektivität ausgeräumt sein und ich kann mit nostalgischen Scheuklappen auf den ersten Sammelband von DCs neuen „Masters of the Universe“-Comics zu sprechen kommen.
Die neue Serie scheint in keiner klaren Chronologie zu stehen, bedient sich bei allen bisherigen Inkarnationen und ist somit auch für Neueinsteiger geeignet. Zu Beginn hat Superschurke Skeletor es geschafft und ist nun Herrscher des Planeten Eternia, seine Feinde aber nicht getötet, sondern mittels Magie nur jede Erinnerung an sie genommen. Adam weiß nicht mehr, dass er ein Prinz, geschweige denn, dass er Superheld He-Man ist und lebt als Holzfäller im Wald, Man-at-Arms ist oberster Henchman Evil-Lyns, Teela gar Sklavin Trapjaws. Wenn sich Adam auf die Reise macht, sein altes Leben und seine Zauberkraft wiederzubekommen, lernt der Leser dabei mit ihm die Welt der Masters kennen.
Das ist für Neueinsteiger praktisch, bietet aber den Nachteil, dass wir fünf von sechs Heften/Kapiteln ohne die bekannten Kostüme der Helden auskommen müssen, sondern nur einen unsicheren Adam auf Reisen begleiten. Die ultimative Potenzfantasie, die MotU schon immer bis in den Titel hinein war, kommt also etwas kurz.
Unschön auch, wie schlecht praktisch alle weiblichen Figuren wegkommen. War Teela früher immer eine vorbildlich selbstbewusste und aktive Heldin, fällt sie hier durch unsympathisches Genörgel auf, die ehemals pragmatisch-intelligente Evil-Lyn scheint bei Dr. Evil gelernt zu haben, wie man den Sieg verschenkt und die weise Sorceress darbt im Kerker. Gut, sie schafft es zwar schließlich, Adam zu kontaktieren und auf seine Reise zu schicken, doch ist es befremdlich, sie so gebrochen und phlegmatisch zu sehen.
Das ist alles suboptimal, die Story reißt auch ansonsten keine Bäume aus, doch es ist ein anderer Punkt, der mich in nostalgische Begeisterung versetzte: Skeletor ist nicht mehr länger die passiv-aggressive Heulsuse des Filmation-Cartoons, sondern ein echter und kompetenter Schurke, der zudem einiges Blut vergießen darf.
Ja, richtig gelesen!
So martialisch die Figuren und ihre Marketing immer waren, in bisherigen Inkarnationen irritierte mich immer, wie zahm die Franchise doch stets war. Die Optik versprach uns Conan den Barbaren gegen Gevatter Tod, doch dann ziehen sie ihre Schwerter nicht einmal gegen Menschen und vermeiden stets, auch nur jemanden zu verletzen. Das ist hier anders! In seiner Wut verbrennt oder versteinert Skeletor reichlich Leute und bricht auch mal ein Genick. Wenn He-Man sein Schwert sprechen lässt, fließt Blut und Battle Cat faucht nicht länger nur, sondern frisst jetzt auch Menschen.
Ich wiederhole: BATTLE CAT FRISST MENSCHEN!
Das ist sicher nicht das, was einen guten Comic ausmacht, aber angesichts dessen, dass ich da seit meiner Kindheit drauf gewartet habe, kann ich mich eines gewissen Wohlwollens nicht erwehren.
(Dirk M. Jürgens)