„Tatort: Gegen den Kopf“ oder Hauptgewinn beim Phrasenbingo
„Tatort: Gegen den Kopf“
(2013) von Stephan Wagner
Nach dem überlangen Sarkeesian-Artikel gönne ich mir jetzt mal nur eine Kurzbehandlung, insbesondere, da ich fast alles, was hier zu sagen ist, zum „Tatort“ in speziellen sowie dem deutschen Film allgemein an anderem Beispiel schon gesagt habe.
Denn um ganz besonders relevant (ihr wisst schon – das Kriterium, das hierzulande „gut“ ersetzt) zu sein, verwurstete man hier den realen Fall des Dominik Brunner, der 2009 an einer S-Bahn-Station erschlagen wurde.
Dabei klappert der zweifache Grimmepreisträger Wagner (nebenbei – kann es sein, dass inzwischen schon wirklich jeder außer mir einen Grimmepreis hat?) unambitioniert die Phrasen und Floskeln ab, die das Thema bietet und mit denen man sich bei den bejahrten Zuschauern der Öffentlich-Rechtlichen (sowie den denkfaulen Kritikern) einschmeicheln kann, ohne sich die Mühe zu machen, wirklich etwas zu sagen. Ohne jeden Hauch Ironie dürfen sich die Kommissare bestätigen, dass es früher so etwas nicht gab, weil man da aufhörte, wenn jemand am Boden lag (dass sie damit Gewalt in der Mitte der Gesellschaft akzeptierten, geht ihnen nicht auf). Wenn die Verdächtigen über Handydaten gefunden werden sollen, wirft man kurz ein, dass man früher gegen den Überwachungsstaat protestiert hätte und heute gäbe es social media (dass das, was hier Rentner-Ressentiments schüren soll, nichts miteinander zu tun hat, führt Sven Scholz hier weiter aus ). Irgendwer sagt irgendwann mal „Zivilcourage“ und die dämonisch lachende Karikatur eines witwenschüttelnden Boulevardjournalisten taucht auch auf. Alles wird pflichtgemäß gestreift und angerissen, etwas zu irgendeinem Thema gesagt wird nicht. Das Signal ist halt gesetzt und heute springen die pawlow’schen Hunde der Kritik schon darauf an und loben die nicht erbrachte Leistung.
Und zur Qualität als Krimi: Wir haben einen urdeutschen Blondschopf aus gutem Hause und mit teurem Anwalt, sowie einen armen Ex-Junkie mit Migrationshintergrund als Verdächtige… eine Auflösung angesichts obiger Simulationen sozialen Bewusstseins ist wohl hier wohl nicht mehr nötig.
(Dirk M. Jürgens)
Peroy
4. Oktober 2013 @ 11:48
Ja, es stimmt… jeder außer dir hat einen Grimmepreis.