Malcolm Max: Body Snatchers (Kapitel 1) von Peter Menningen & Ingo Römling
„Malcolm Max“ ist ein deutscher Gruselkrimi, welcher die, als Dreingabe bei den neu aufgelegten „Gespenster Geschichten“ begonnene Hörspielserie gleichen Namens fortsetzt.
Unser Held ist ein Ermittler des Übernatürlichen im viktorianischen London und seine Begleiterin Charisma eine attraktive und selbstbewusste Vampirin und etwas originelles sucht man beim Konzept vergebens. Das muss kein Problem sein! Nicht jeder muss das Rad neu erfinden und wenn Story und Figuren stimmen, braucht das Konzept ja selbst keine Bäume auszureißen.
Leider tun sie das meines Erachtens nicht.
Eines muss man Autor Menningen lassen: Dafür, dass er ein alter Comicveteran ist, der schon den Magier Arsat erschaffen hat, wirkt seine Erzählung frisch und wenig antiquiert. Er ist durchaus in der Gegenwart angekommen und ich wage Joss Whedon als Vorbild und Einfluss zu benennen. Dies bringt jedoch eher Schaden als Nutzen, denn die immer wieder betont ironische Haltung wirkt wie ein Trick, um das Nichtgelingen von Ernst und Spannung zu übertünchen. Soll der Gang über den Friedhof gruselig sein, oder augenzwinkernd? Ist der Text überzogen pathetisch oder parodistisch? Ich hatte nicht das Gefühl, dass der Autor sich da festlegen konnte. Der Gag, dass die Handlung in Captions totgequatscht wird, ermüdet recht schnell, insbesondere, wenn man ihre Information auch in Bild und Dialog noch einmal präsentiert bekommt. – Jemand bezeichnete dies mal als Hauptübel der BRAVO-Fotoromane. Wenn es dort im Text heißt „Von der Arbeit erschöpft kommt Pansen endlich nach Hause“, sieht man dazu auf dem Foto Pansen vor einer Haustür überdeutliche Erschöpfungsgesten machen und liest in der Sprechblase „Endlich zu Hause. Puh, bin ich von der Arbeit erschöpft!“
So etwas, gerade in Spannungs- und Actionszenen bremst furchtbar und ist hier allgegenwärtig.
Was Vorbild Whedon aber in jedem Fall beherrscht sind Charaktere und diese finden hier kaum statt. Vom Geflirte aller Passantinnen erfahren wir, dass Malcolm ein Frauenheld ist und von den Lobliedern der Armen, dass er Wohltäter ist. Charisma darf lediglich unangepasst modern sein (was wenig auffällt, da nur negative Figuren ihrer Zeit gemäß denken und sprechen) interessante Eigenheiten weist sie nicht auf. Wie die beiden zusammengekommen sind, verschweigt der Band, liefert dafür lediglich eine Textwüste in den Charakterportraits. Einführung beider Helden ist eine verklemmte Szene, in der die Untote erfahren will, was Küssen ist.
Der Fall selbst kommt in diesem ersten Kapitel noch nicht so ganz in Fahrt, auch wenn es Roboter, Leichendiebe, eine halbnackte Voodoo-Magierin und einen Serienmörder gibt. Dieser mordet nach dem Muster eines kürzlich hingerichteten Kollegen und dass Malcolm nicht eine Sekunde an einen Nachahmungstäter, sondern sofort und ausschließlich einen Untoten denkt, lässt ihn nicht als Freidenker, sondern als Spinner erscheinen. Assistiert wird ihm übrigens von altklugen Kindern, die fast ausschließlich in ganzen Lexikonartikeln sprechen und die – 1889 noch nicht wirklich weit geratene – Kriminalpsychologie mit Löffeln gefressen zu haben scheinen.
Viktorianischer denkt man allerdings bezüglich eines Nebenplots: Immer wieder sehen die Helden einen kleinen, alten und hässlichen Mann mit attraktiven Frauen. Wissend, dass das Äußere des Menschen entscheidet, ergehen sie sich in Verachtung und sogar Übergriffe gegen diese subhumane Kreatur, die wohl besser in die Kolonien verschwinden sollte und sich auch bald als Schurke herausstellt. Die Phrenologie irrt eben nicht!
Es mögen Nachwehen der Sarkeesian-Nummer sein, aber ich zog doch in Sachen Geschlechterdarstellung mehrmals die Augenbrauen hoch. Ziemlich zu Anfang begegnen die Helden der Journalistin Fiona Pankhurst, einer überzeugten Frauenrechtlerin und strawman feminist. Sie beschimpft und beleidigt Malcolm dafür, ihr das Leben gerettet zu haben und erklärt Charisma ihre Verachtung dafür, dass sie mit einem Mann unterwegs sei. Dann wird sie ermordet (womit sie zeigt, doch männlichen Schutz gebraucht zu haben) und wir lernen in ihrem Umfeld lauter böse Frauenfeinde kennen, die von der Vampirin für ihre Meinung freudig mit physischer Gewalt bedacht werden. Unser Held macht sich derweil Vorwürfe, dem Weib seinen Willen gelassen und es so ins Verderben haben rennen lassen. Die Story behauptet empowerment, zeigt aber nichts davon. Dass die Karikatur Pankhurst auf einer realen historischen Figur (allerdings Emmeline mit Vornamen) beruht, macht die Sache nicht unbedingt besser.
Zeichnerisch hingegen ist es großartig (bis auf den kleinen Punkt, dass Malcolms Kopf nicht breiter als sein Hals ist, was zu gruseligen Frontalaufnahmen führt). Römlings eleganter, trickfilmartiger Strich und seine stimmungsvolle Farbgebung vermögen sowohl große Totalen als auch mimische Details eindrucksvoll darzustellen, weshalb der Erfolg des Bandes bei Impulskäufern sicher sein dürfte. Schade, dass dieses Talent keiner besseren Geschichte zugute kommt.
(Dirk M. Jürgens)
Udo
30. September 2013 @ 17:12
Du solltest dich mal über die Malcolm Max Hörspiele hermachen. Die sind unterhaltsam. 😉
Dirk M. Jürgens
30. September 2013 @ 19:07
Habe ich im Vorfeld tatsächlich getan!
Die sind tatsächlich teils sehr… eigen. Ab und zu blitzt durchaus etwas Parodie durch, aber nicht so sehr, dass es die altertümlichen Hörspielkonventionen ganz durchbricht.
Rezension Malcolm Max - Body Snatchers von Peter Mennigen & Ingo Römling | Bella's Wonderworld
10. Juni 2019 @ 9:01
[…] Römlings eleganter, trickfilmartiger Strich und seine stimmungsvolle Farbgebung vermögen sowohl große Totalen als auch mimische Details eindrucksvoll darzustellen, weshalb der Erfolg des Bandes bei Impulskäufern sicher sein dürfte. Buddelfisch […]