„World War Z“ oder Zombies mal wieder, aber nicht die aus dem Buch
„World War Z“
(2013) von Marc Foster
Ich habe immer über die Paranoiker gestöhnt, die bei jedem Hollywoodfilm „Faschismus! Faschismus!“ riefen als würden sie dafür bezahlt. Da trifft es mich schmerzlich, dass ich selbst immer wieder vor allem ideologiekritische Sachen an Filmen anmerken muss, bei denen jene unangenehmen Zeitgenossen wohl begeistert zustimmen würden.
Bringen wir den Teil also hinter uns, er ist diesmal nicht das Hauptproblem des Films: Wenn Brad Pitt nach Jerusalem kommt, um ein Mittel gegen die Zombieseuche zu finden, ist Israel sicher gegen die Untoten abgeschirmt, da man vorausschauend Mauern errichtet hat. So weit, so gut und auch glaubhaft – fahrlässig in Sachen Gefahren ist man da ja nun wirklich nicht.
In dieser letzten Oase der Ruhe findet jedermann Zuflucht und da wurde schon Max Brooks’ Roman grob unglaubwürdig. Ich will mich um Himmels Willen nicht in eine fruchtlose Nahost-Debatte stürzen, aber das grundlegende Prinzip, auf dem jener Staat erbaut ist, ist die penible Auswahl, wen man hereinlässt. Was mich da Augenbrauen hochziehen ließ, doch danach nicht weiter störte, wird im Film aber höchst unangenehm weiter geführt: Denn die Scharen von Muslimen, denen man großherzig Schutz gewährt hat, singen ihre Gebete so laut, dass es die Zombies von draußen anlockt, so dass diese den Wall überklettern. Das hat man also davon, wenn man Muselmanen die Hand reicht!
Die Israelis bekommen davon übrigens nichts mit, bis der freundliche Amerikaner sie darauf hinweist. „America saves the day!“ ist auch sonst die Parole: Eigentlich sollte Pitt nur einen indischstämmigen Wissenschaftler begleiten, dieser stürzt jedoch gleich zu Anfang in die eigene Waffe und fehlt danach niemanden. Eine Latino-Familie will nicht auf den Rat des Helden hören und fällt darum augenblicklich den Untoten zum Opfer, nur ihr Sohn, der als einziger Englisch spricht, überlebt. In Europa warten Spitzenwissenschaftler (unter ihnen übrigens Moritz Bleibtreu) derweil lethargisch darauf, dass ein amerikanischer Laie ihnen ihren Job erklärt.
Das ist alles dumm und ärgerlich, aber es sind nur Episoden und drängt sich nicht so sehr in den Vordergrund, um die Qualitäten des Films zu überschatten. Denn der Anfang, bei dem mal wieder die Apokalypse in den Familienalltag eines Filmhelden einbricht, ist wirklich dynamisch und mitreißend gemacht. Auch später gibt es sehr gelungene Spannungsszenen, wenn Pitt sich an Zombies vorbei schleichen muss, und jedes Geräusch gleich alle auf seine Spur bringen würde. Eindrucksvolle Massenszenen sind bei einem Film dieser Größenordnung auch drin.
Mit Max Brooks’ Roman, den man ja nur in Form einer Mockumentary hätte verfilmen können, hat er wenig zu tun. Für besagte Israel-Episode wurden Teile entnommen, aber ansonsten gibt es lediglich die Gemeinsamkeit, dass es von einer Zombieinvasion handelt – wobei die modernen Rennzombies hier auch noch anders funktionieren, als die klassischen Schleicher bei Brooks. In zumindest einer kleinen amüsanten Anlehnung an dessen Panoptikum internationalen Zombieschlachtens, erfahren wir übrigens, dass Nordkorea völlig von der Seuche verschont blieb: Kim ließ einfach all seinen Untertanen die Zähne ziehen, so dass die, per Biss übertragene Infektion sich nicht ausbreiten konnte.
Obwohl man also die Struktur des Buches ignorierte, hetzt Pitt durch eine Episodenhandlung, während seine Familie nach dem gelungenen Auftakt bald in Sicherheit ist und eine wirkliche Dramaturgie kommt nirgendwo auf. Wohl zwecks geringer Altersfreigabe ist der Film zudem äußerst zahm, es fehlen sowohl Splatterszenen, als auch ausgefallene Zombiemasken, als auch harte moralische Entscheidungen, menschlicher Konflikt oder sonst etwas, was den großen, existenziellen Horror von Zombiefilmen ausmacht. So bleibt der Film emotional recht distanziert, obwohl er sich bewusst gegen die Feldherrenperspektive entscheidet und uns nicht das Gesamtbild zeigt.
Der oben erwähnte Latinojunge reißt nur mal kurz die Augen auf, als sein zomiefizierter Vater erschossen wird, vergisst seine schlecht integrierte Familie aber dann sofort. Schließlich wurde er von Brad Pitt adoptiert, der darin ja Erfahrung hat. Auf dem Flug von Korea nach Israel sieht man kurz einen Atompilz, aber wen es da gerade erwischt hat, kümmert den Film keine Sekunde und niemand verliert auch nur ein Wort darüber. Das an sich große tragische Ende wird uns auch recht plötzlich über den Kopf gehauen, ohne dass man sich die Mühe macht, es näher auszuarbeiten.
Gemischt wird das Ganze noch mit Holzhammer-Actionfilmlogik der schlimmsten Sorte. Wer sich darüber beklagt, dass Indiana Jones in einem Kühlschrank eine Atomexplosion überlebt, wird seine Freunde haben, wenn hier ein vollbesetztes Flugzeug abstürzt und die einzigen Überlebenden zufällig unsere beiden Hauptfiguren sind.
Wer sich daran stört, dass sich Horrorfilmfiguren bei Gefahr stets trennen, wird jubeln, wenn Pitt ohne irgendeinen Grund mitten in feindlichem Gebiet seine Waffe abstellt und vergisst, um kurz darauf mit leeren Händen einem Zombie gegenüber zu stehen. Und wer sich über pseudowissenschaftliches Geschwätz aufregt, kann einen multiplen Orgasmus bekommen, wenn ein Wissenschaftler erklärt, die Natur wolle, dass man die Seuche besiege, da sie sich derartiges ausdenke, um für ihre Raffinesse bewundert zu werden, mit anderen Worten, ein denkendes Wesen, mit anderen Worten, eine Gottheit ist.
Betrachtet man, welche Fanlieblinge man hinter der Kamera versammelt hat (Damon Lindelof, Muse-Sänger Matt Bellamy und J. Michael Straczynski), ist vor allem erstaunlich, wie lau „World War Z“ geworden ist. Er ist nicht aggressiv schlecht, nicht beleidigend dumm oder überzogen lang, man verschwendet seine Lebenszeit nicht an ihn und wer trotz eher schwachen Magens Zombiefilme mag, ist hier richtig. Aber wirklich aufregend oder seinem gewaltigen Potential und Budget entsprechend, ist er nicht.
(Dirk M. Jürgens)
ANMERKUNG: Ich weiß, es ging in diesem Text teils um Israel, auch bekannt als „Das Land, über das man im Internet nicht reden kann“, aber mir geht es um seine Darstellung im Film, nicht um die echte Nahost-Situation. Wer also loswerden möchte, dass es das neue Dritte Reich ist, oder das letzte Bollwerk gegen den Islamofaschismus, tue das bitte woanders.