Suzanne Collins: „Die Tribute von Panem – Gefährliche Liebe“
Suzanne Collins: „Die Tribute von Panem – Gefährliche Liebe“ (2009)
(dt. Ausgabe/Oetinger. Originaltitel „The Hunger Games“) Science Fiction/Jugendbuch
Die Leihbücherei war mir gnädig, so dass ich kurz nach Lektüre des ersten Bandes auch gleich das Mittelstück der Trilogie lesen konnte. Dieses bleibt seinem Vorgänger ziemlich gerecht: Was dort gut war, wird fortgeführt, seine Probleme werden ebenso beibehalten.
Um das Publikum für sich einzunehmen, haben sich Katniss und Peeta als Liebespaar ausgegeben und erstmals zu zweit die Hungerspiele überlebt. Nun wurmt es das Kapitol, so überlistet worden zu sein und es lässt zu einem Jubiläum die Überlebenden früherer Kämpfe gegeneinander antreten. Bricht also das einzige Wort, das es den Teilnehmern gegeben hat, trachtet Publikumslieblingen und Prominenten nach dem Leben und zeigt, dass es seinen Machiavelli offenbar nicht gelesen hat.
So bricht dann auch recht früh im Verlauf die Revolution aus, während besonders der listenreiche Peeta das Feuer der Unzufriedenheit schürt. Dazu bekommt er von der Regierung ja extra eine Bühne, die ihn vor den Kämpfen live interviewen lässt und auch wenig bestimmen kann, was er während der Spiele redet. Simple Reaktion des Kapitols sind Folterungen und Hinrichtungen allenorts, wobei es sich wie von mir prophezeit selbst die Versorgung abschnürt. Es macht irgendwie wenig Spaß, es mit einem so unfähigen und unbeholfenen Gegenspieler zu tun zu haben. Erstmals taucht auch der Staatschef auf, aber Präsident Snow ist lediglich ein blasser alter Politiker, ohne Schurken-Grandezza, der nicht wie ein irrer Gottkaiser wirkt, dem man ein solch schlechtes Management abgenommen hätte.
Auch das Grauen der Kämpfe bleibt weiterhin moderat und meist durch glückliche Zufälle und den Umstand, dass sie nur von reichen Charakterschweinen angegriffen wird, von der Heldin fern gehalten. Werden ihre Gegner charismatisch oder sympathisch geschildert, bleibt eine Konfrontation mit ihnen aus.
Die „Panem“-Trilogie bleibt also nicht gerade Futter für den Geist, funktioniert aber emotional weiterhin, so dass ich trotz Ärgers Collins‘ flotte Prosa (nebenbei in der ersten Person Präsens geschrieben, was ich an sich nicht mag, hier aber kaum bemerkte) gespannt weiter las. Leider aber sind selbst hier leichte Rückschritte zu vermelden, da sich tatsächlich die angedeutete Dreiecksgeschichte weiter vertieft. Der Dritte darin ist Katniss’ alter Kindheitsfreund und Jagdgefährte Gale, der leider ein vollkommen unbeschriebenes Blatt ist. Nun gut, er hasst die kindische Terrorregierung des Kapitols und wünscht sich die Revolution und ist leicht verschnupft, ob Katniss’ Flirt für das Publikum. Das war’s. Mehr gibt es nicht. Dass ihm das Herz der Heldin eher gehört, als dem verdienten und durchgängig großartigen Petaa, schafft eine Distanz zwischen ihr und dem Leser, welche auch dem emotionalen Engagement schadet.
Insofern fällt „Gefährliche Liebe“ (im Original wesentlich wohlklingender und treffender „Catching Fire“) schon etwas gegenüber seinem Vorgänger ab, ist aber noch immer angenehmes, leichtes Lesefutter. Ich bin guten Mutes, dass es im Abschlussband wieder bergauf gehen kann, da solche Mittelteile ja oft das Problem haben, dass sie zuviel Platz für das Ende lassen müssen. Eventuell also bald mehr dazu.
(Dirk M. Jürgens)