RTL Pilotwochen: „Medcrimes – Nebenwirkung Mord“
(2013) von Peter Landkani
Unter einem enorm dämlichen und reichlich sinnfreien Titel (na gut – besser als „Medective“) versuchte man diesmal wohl den RTL-Standardkrimi mit einem weiblichen „Dr. House“ zu vermischen und scheiterte mal wieder enorm. Originalität ist nirgendwo zu finden und die Actionszenen lassen einen schon deshalb völlig kalt, weil sie nur aus wirren Nahaufnahmen bestehen, durch die man das Szenario, wer jetzt auf wen schießt kaum überblicken kann.
Kommen wir zu den Helden, die RTL für serientauglich hält: Wir haben die junge Ärztin Dr. Rita Bucher, die, wie wir erfahren, im Waisenhaus aufgewachsen ist und deshalb nicht an die Liebe, sondern bloß an Hormone glaubt und entsprechend One-Night-Stands sammelt. Zudem den stoppelbärtigen Kommissar Alex Steiner, dessen Ehe super originell unter der Belastung seines Berufs in die Brüche geht, da seine Frau superduperoriginell ein Verhältnis mit seinem besten Freund angefangen hat.
Damit wir die tiefe Bedeutung dieser Freundschaft erkennen, gibt man den beiden Männern kaum Szenen zusammen, lässt sie aber immer wieder erklären, dass sie sich seit Schultagen kennen, wo der Kumpel dem Alex immer die Hausaufgaben gemacht hat.
Nicht gemacht haben sie die Autoren des Films, die tatsächlich bei der Zeichnung und Einführung jeder einzelnen Figur versagen. Zicken sich Rita und eine Kollegin gleich zu Anfang an, interpretiert man das natürlich als Zeichen, sie seien verfeindet – später erfahren wir aber, dass sie ein nahes, mitfühlendes Verhältnis haben. Als der Bruder des Helden angeschossen wird, wütet dieser erstmal rum, als seine Nochehefrau ihn ihn in derselben Szene fragt, ob sie was für ihn tun kann, vergisst er den angeblich geliebten Bruder sofort und wechselt zum Thema ihres Seitensprungs. Ein Polizist im Innendienst wird einzig dadurch charakterisiert, im Dienst Pornos zu gucken. Immer. Das ist vermutlich witzig.
Endgültig wirft man das Handtuch der Charakterisierung aber, als die Ärztin unserem Helden folgendes ausführt: „Ich habe gerade darüber nachgedacht, was für ein Widerspruch Sie sind. Vorhin im Krankenhaus waren sie noch ganz verletzlich, aber in Ihrem Job sind sie eine richtig harte Sau.“
Es scheint, als habe man 1:1 aus dem Konzept in den Dialog kopiert. Das ist natürlich die ganz hohe Schule der Erzählkunst!
Natürlich versagt man nicht nur, was die Figuren, sondern auch, was die Geschichte (böse Ausländer fälschen Medikamente) angeht. So will man beweisen, dass Alex wirklich die „harte Sau“ ist, als den ihn seine Autoren erkannt zu haben glauben, indem man ihn seinen Kumpel und Nebenbuhler vor den Augen der Vorgesetzten blutig durch eine Scheibe prügeln lässt, und mit Schmerzmitteln aufgeputscht selbst ins Hauptquartier der Feinde aufbrechen lässt, nachdem er seinem Bruder gerade eine Niere gespendet hat. Was ist die Dringlichkeit, die ihn diese Hirnverbranntheit begehen lässt? Keine.
Stattdessen tauchen nach und nach die meisten Figuren des Films einzeln dort auf, um einander zu retten und dann ebenfalls in Gefahr zu geraten. Wenn alles fertig ist und unser Held kurz mit seinem Verlangen nach Rache an dem Gangster, der seinen ja überlebenden Bruder nicht getötet hat gekämpft hat, kommt auch das SEK, das den Job eigentlich hätte machen können.
Am Ende kommen Herr und Frau Steiner wohl wieder zusammen, die Ärztin bandelt dafür mit dem jetzt ehemaligen Freund und Liebhaber an. Dass durch ein so schnelles und problemloses Partnerwechseln aller Figuren ihre Gefühle noch seichter und unbedeutender wirken, hätte den Machern wohl nur auffallen können, wenn sie ihnen schon vorher irgendeine Art von Tiefe hätten geben können.
(Dirk M. Jürgens)
comicfreak
28. Mai 2013 @ 14:06
..ich trau mich nicht zu googeln, aber bei all diesen zarten Anspielungen: wird Alex Steiner doch sicher von Axel Stein gespielt..
Könnte es nicht schlimmer machen.