„Tatort: Feuerteufel“ oder Kommissar Heulsuses erster Fall
„Tatort: Feuerteufel“
(2013) von Özgür Yildirim
Eigentlich sehe ich den biederen Schreibtischkrimi „Tatort“ nur noch, wenn er in Münster spielt, also seine Krimi-Anteile größtenteils ignoriert, um stattdessen Comedy zu machen, oder der Kieler Borowski an Orten ermittelt, die ich auch real kenne. Den gestrigen Abend wollte ich zudem eigentlich nutzen, um mich über den dritten „Twiligth“-Film aufzuregen, aber nachdem man mir sagte, der neue Film mit Wotan Wilke Möhring sei angeblich wirklich gut, gab ich ihm eine Chance. Zudem war seine Figur ja auch schon kurz im Trauerspiel „Willkommen in Hamburg“ aufgetreten, wo sie Schweiger beim Pinkeln traf.
So bietet sich der Vergleich an und gleich eine Überraschung, denn ignoriert man den Schweiger-Malus, hat Möhrings Figur es tatsächlich geschafft, ein noch größeres Arschloch als der andere Hamburger Ermittler zu werden!
Sein Kommissar Falke ist eine unoriginell unhöfliche Heulsuse, die keinen einzigen sympathischen Moment hinbekommt, aber auch nicht auf coole oder würdige Art unsympathisch ist, wie etwa Liefers Professor Boerne. Falke greint, dass sein Partner voll der gemeine Verräter wäre, weil er in den Innendienst geht, er wirft sich strampelnd zu Boden, als seine neue Partnerin es wagt, etwas zu tun, sagen oder denken und als ihm eine Ex-Freundin etwas gemeines sagt, fährt er in einer langen Montage plärrend durch die Nacht. Ein würdeloser Chauvi ohne jeden Grund für seinen Chauvinismus. Zudem Katzenhalter.
Weil das Format gebietet, dass die beiden Ermittler sich näher kommen, gibt es (nachdem man die Kollegin hat im Einsatz versagen lassen und damit dem Unsympathen Recht gibt, anstatt ihn zurecht zu stutzen) eine kurze warmherzige Szene, in der er ihr Milch anbietet (das ist sein Tick – er trinkt ständig Milch. Toll, nicht?). Am Ende beharrt er dann darauf, auch weiter mit ihr zusammen zu arbeiten. Wieso, weil sie sich ihm gegenüber weder bewiesen hat, noch es eine echte Charakterszene zwischen ihnen gab? Weil das halt so sein muss.
In der Wüste miesen Writings fällt es aber gar nicht mehr auf. Auch die Ermittlung läuft gern einfach über Instinkt oder Riecher (was viel einfacher ist, als echte Kombinationsarbeit zu schreiben) und die aufgeblasene Psychologisierung des Täters am Ende passt nicht zu seinem Verhalten vorher und er verrät sich dann einfach nur durch Verplappern und anschließend ein sofortiges Geständnis. Es soll ja bloß nicht zu kompliziert für Autoren oder Kommissar werden. Nicht, dass man am Ende noch einen irgendwie herausragend intelligenten Ermittler hervorbringt, der die gefeierte Durchwachsenheit durchbricht!
Ideologisch ist man sehr stolz auf sich, da es eine böse, böse Bürgerwehr gibt, geleitet von einem Autohändler – also einem bösen Reichen, wie ihn die Autoren der Öffentlich Rechtlichen nicht mögen. Heroisch kann Falke immer wieder erklären, wie sehr er Selbstjustiz ablehnt, dass er in den 90 Minuten des Films gleich zweimal damit droht, unschuldigen Leuten etwas unterzuschieben, bringt man mit dieser Position nicht in Verbindung. Halt die alte deutsche Unart, den Protagonisten nicht zu hinterfragen. Ersten Eindrücken nach scheint die Kritik auch wieder größtenteils auf die Lippenbekenntnisse hereinzufallen.
Der „Tatort“ ist eine Institution, prestigeträchtig und, wie ich hörte, wohl auch äußerst profitabel. Ich frage mich, warum? Ja, er war praktisch schon immer da, ja, er hat gute Filme und die Kultfigur Schimanski hervor gebracht, aber ist das Grund genug, sich Woche für Woche das spannungs- und wendungsarme Zeugenbefrage meist blasser Ermittler, vermischt mit plumper Pseudo-Gesellschaftskritik aus den Mündern von Leuten, die Teil des Establishments sind, anzusehen?
Hätte ich also lieber „Twilight“ sehen sollen? Nein. Denn das tat ich anschließend und obwohl der natürlich Mist war, war es eben derselbe Mist, wie die beiden Filme vorher, entsprechend berechenbar und entsprechend wenig Worte wert. Angemerkt sei lediglich eine hübsche kleine Szene, in welcher der nackte Werwolfindiander den Lippenstiftvampir aufforderte, der gesichtsgelähmten Heldin irgendetwas zu sagen, da sie ein Recht darauf hätte es zu erfahren, dieser aber erklärte, es ihr zu ihrem Schutz zu verschweigen. Schon allein aus dieser Miniatur hätte man schließen können, bei wem sie am Ende landet, denn Rechte eingeräumt zu bekommen, ist für die Zielgruppe natürlich vollkommen unromantisch.
(Dirk M. Jürgens)
Udo
20. Mai 2013 @ 23:20
Sag, könntest du so eine fundierte kritik auch mal über den österreichsichen Tatort schreiben? (Evtl. sogar ein über den, der heute gelaufen ist?) Würde mich echt interessieren, wie du den siehst.
Dirk M. Jürgens
21. Mai 2013 @ 16:47
Bin nur sporadischer „Tatort“-Zuschauer, daher muss ich mal abwarten, ob es sich ergibt.
Udo
21. Mai 2013 @ 21:27
Würde mich freuen!