„Mörderische Jagd“ oder Das ZDF will Tarantino sein
„Mörderische Jagd“
(2013) von Markus Imboden
Fast zwanzig Jahre, nachdem jeder Mensch der Welt „Pulp Fiction“ gesehen hat, erreichte der Film auch die Aufmerksamkeit des ZDFs. So dürfen nun auch im Öffentlich Rechtlichen coole Killer in schwarzweißen Klamotten durch die Gegend ziehen, deren Taten zwar explizit und blutig inszeniert, aber nicht gesühnt werden.
Eigentlicher Aufhänger ist aber eine Liste prominenter deutscher Steuerhinterzieher (größtenteils Verballhornungen realer Politiker, da fühlte man sich sicher unfassbar subversiv), welche besagte Killer, von denen einer einen, ab seiner ersten Äußerung nervenden Religionstick hat, wiederbeschaffen sollen. Ein Privatdetektiv, dessen Aufgeblasenheit mit peinlicher Penetranz inszeniert wird, soll die Kinder eines wichtigen Zeugen schützen. Die Tochter ist eine Goth, so dass wir früh ahnen, dass es um das Familienleben schlimm bestellt ist. Doch keine Sorge: Am Ende weiß sie ihren Vater zu schätzen und zieht sich hellere Kleidung an, ist also vom unangenehmen Anderssein geheilt, was den typischen ZDF-Zuschauer sicher erleichtert. Schon vorher wird die Norm geschützt, indem in einer, wohl als komisch gedachten Szene einem älteren Transvestiten die Perücke herunter gerissen und dann ein sauberer Faustschlag ins gottlos geschminkte Gesicht verpasst wird. Da kann sich die Zielgruppe wehmütig an die guten Zeiten bei der SA erinnern, in denen er sich ja nichts hat zuschulden kommen lassen, wie „Unsere Mütter, unsere Väter“ erst kürzlich bewies.
Doch die Ideologie ist nicht das wahre Problem. „Mörderische Jagd“ scheitert schlicht und ergreifend daran, dass er absolut witzlos ist, inszeniert wird, als wäre er ein Pointenfeuerwerk und noch dazu keinen einheitlichen Ton zu treffen vermag. Ich bin ein Freund schwarzen Humors, aber wenn dieser eben nicht gekonnt wird, ist er ein besonders schlimmer Rohrkrepierer, weshalb man seine blutigen Kopfschüsse lieber nicht zu explizit zeigen sollte, wenn man danach mit einem nur vermeintlich komischen Spruch aufzuwarten vermag. An sich hätte der Spruch zumindest nicht gestört, durch den Kontrast wird er aber ärgerlich. Doch zuweilen hatte ich den Eindruck, dass diverse Drehbuchseiten verloren gingen und man dann eben unzusammenhängende Fragmente drehte, in denen schon einmal das kuriose Missverständnis, welches die Handlung vorantreiben sollte fehlt, und es darum einfach grundlos weitergeht. Dramaturgie oder Erzählstruktur sucht man auch vergebens. Eine gefühlte Ewigkeit plätschert der Film vor sich hin und ist dann irgendwann vorbei.
Ach, dann will ich über diese triste Gebührenverschwendung (zu der es wohl sogar einen Online-Comic gibt, den ich mir aber nicht antue) gar keine weiteren Worte verlieren. Lernen wir lieber daraus, was schlimmer ist, als das biedere TV-Krimieinerlei: Nämlich biederes TV-Krimieinerlei, das sich selbst für schräg und gewagt hält.
(Dirk M. Jürgens)