„Jonah Hex“ oder Da wo wir hingehen, brauchen wir kein Drehbuch!
„Jonah Hex“
(2010) von Jimmy Hayward
Der böse Südstaatengeneral John Malkovich hat die uns unbekannte und damit auch scheißegal seiende Familie des aufrechten Soldaten Jonah Hex gekillt und diesem das Gesicht verbrannt. Darum kann Hex jetzt mit den Toten reden, sich aber nicht an Malkovich rächen, weil der bei einem Unfall gestorben ist. Beziehungsweise doch nicht, wie wir fünf Minuten später erfahren, womit der ganze Twist für die Tonne ist.
Man merkt, dass die Comicverfilmung „Jonah Hex“ mit gleich drei Drehbuchautoren geschlagen war, diese aber offenbar nie untereinander kommuniziert haben. So kann sich der Film nie entscheiden, ob er düster und hart, oder verspielt und familientauglich ist, ob er „Erbarmungslos“ oder „Wild Wild West“ sein möchte.
In einem Moment redet Hex mit verwesenden Leichen über die nahende ewige Verdammnis, dann baut Malkovich eine Steampunk-Atombombe, mit der er Washington zerstören will. Zuvor läuft unserem Hex aber noch ein Hund zu, so dass er einen vierbeinigen Freund aufweisen kann und nicht mehr als der harte Antiheld wirkt, als der er in der nächsten Szene wieder angelegt ist. Dazwischen taucht dann noch mal eben schnell ein Schlangenmensch mit dehnbarem Aphex-Twin-Maul auf und ein Schwarzer erzählt uns ernst und pathetisch, wie wunderbar Amerika doch sei.
Auch sonst hängt wenig zusammen: Die von Megan Fox gespielte Hure mit dem Herz aus Gold erschießt in Notwehr ihren zudringlichen Freier? Scheiß drauf! Die zuverlässige Justiz des Wilden Westens wird Verständnis für sie haben, weshalb wir nie wieder darauf zu sprechen kommen. Okay, der Präsident braucht Hex’ Hilfe, um Malkovich zu fassen, da nur dieser dessen toten Komplizen verhören kann? Soweit so gut, nur damit wäre dessen Job eigentlich erledigt und nun könnte der Präsi seine eigenen, doch recht umfangreichen Ressourcen für den Kampf gegen die Privatarmee des Schurken einsetzen. Aber stattdessen schickt er natürlich lieber diesen einzelnen Kopfgeldjäger los, während er besorgt im Weißen Haus sitzt und hofft, dass er es schon hinkriegt.
Zudem ist die Story von Anachronismen, wie einem Pferd mit zwei aufmontierten Maschinengewehren geplagt, die in einer Komödie okay gingen, sich aber mit dem immer wieder versuchten, aber nicht gekonnten Ernst der Rächerhandlung beißen. Die albernen Versuche, Gegenwartsbezüge darzustellen, indem man Malkovich zum auch ausdrücklich so bezeichneten Terroristen macht, der Amerika hasst und die Freiheit zerstören will (für die lulz) ist noch wieder ein ganz anderes Thema.
Sein Versagen als Verfilmung seiner Vorlage ist auch mir, der ich nur äußerst wenige „Jonah Hex“-Comics gelesen habe schmerzlich bewusst. Da versucht man eine düstere Figur, welche die Fratze des Wilden Westens ist, zum all american hero zu machen und lässt den Film gar mit Blick auf das im Bau befindliche Washington Monument enden, ohne dass jemand auch nur darüber stutzte, dass Hex weiterhin eine Südstaatenuniform trägt. Schließlich darf sein schwarzer bester Freund (der so wenig Screentime hat, dass er nicht einmal sterben muss) betonen, dass er ja stets gegen Sklaverei, wie auch die Sezession gewesen sei und nur deshalb für beides gekämpft hätte, weil er sich ungern Vorschriften von der Regierung machen ließe. – Und sei es nur die Vorschrift, Schwarze als Menschen zu behandeln.
Hm… paranoide Ablehnung der Regierung, Angst vor Terroristen, Betonung der Vaterlandsliebe und ein Held mit gigantischer Waffensammlung… Vielleicht hoffte man, einen Kultfilm für die Tea Party Bewegung zu machen.
Diese epochale Vermurksung ist eigentlich schade, da der Film durchaus Potential gehabt hätte und am Schneidetisch vielleicht nicht wirklich gut, aber wohl noch zu retten gewesen wäre, aber so wirkt er ohne Sinn und Verstand und ohne auch nur einen flüchtigen Gedanken an das Gesamtbild zusammengeworfen.
(Dirk M. Jürgens)
comicfreak
15. März 2013 @ 12:58
..erinnert mich an den „Punisher“ mit Tom Jane..
Dirk M. Jürgens
15. März 2013 @ 15:57
Ja… die Assoziaton hat was.
Der Film war ja auch wunderbar optisch der Vorlage angepasst, versagte aber inhaltlich (insbesondere durch Uneinheitlichkeit).
heino
11. Juli 2013 @ 15:35
Hab ihn mir gestern auch mal angesehen und kann dir nur vollumfänglich zustimmen. Das hätte wirklich gut werden können, stattdessen ist es wild zusammengestückelter Mist, der sich für kein Genre entscheiden kann
Peroy
14. Juli 2013 @ 10:10
Ich fand ihn ja nicht so schlecht…. wenn auch nicht gerade besonders sinnig…