„Der Minister“ oder Der Film nicht von, aber zu Guttenberg
„Der Minister“
(2013) von Uwe Janson
Schon damals kein Fan des Hypes um den Wirtschafts-/Verteidigungsminister von Guttenberg, war sein würdeloser Abschied für mich recht unterhaltsam, wenn auch von der blinden Nibelungentreue seiner kritiklosen Anhänger getrübt. Die damals im Fernsehen laufende Montage (man könnte kalauern, Demontage) seiner widersprüchlichen Dementis, die mit dem Abstreiten sämtlicher Vorwürfe und dem Beharren auf Amt und Titel begannen und mit dem Rücktritt von beidem endeten, hatte eine solche satirische Wucht, dass man sich fragen kann, ob ein Spielfilm zum Thema diese übertreffen kann. Kurze Antwort: Nein. Dennoch ist (vielleicht auch, weil man sich etwas Zeit ließ, anstatt einen Schnellschuss abzufeuern, solange die Affäre noch aktuell war) „Der Minister“ ein besserer Film geworden, als man erwarten konnte.
Ein Grund für das Gelingen dürfte bereits im Grundkonzept liegen: Die Geschichte wird aus der Sicht des Ghostwriters erzählt, so dass der Zuschauer von Anfang an Mitwisser ist. Dieser (Max) ist ein alter Schulfreund des Freiherren zu Donnersberg (obwohl auf enorme optische Ähnlichkeit gesetzt wurde, tragen die Politiker allesamt Fantasienamen), der diesem schon durchs Abitur half und praktisch jeden, öffentlich von ihm gesagten Satz für ihn schreibt. Das bietet die Möglichkeit für einzelne Episoden, in denen eigene Hintergründe für politische Wendungen gefunden werden. Auch das Plagiat des eigentlich gewissenhaften Ghostwriters wird so erklärt: Seine Frau ist genervt, dass er ihr nicht mit den Kindern hilft sondern Fachliteratur wälzt, weswegen sie einfach die Fußnoten aus seinem Dokument löscht und diesen Arbeitsschritt für beendet erklärt.
Der größte Vorteil des Films dürfte sicherlich die gelungene Besetzung sein, welche optisch immer nah genug an den Originalen ist, um den Film als Karikatur zu Kennzeichnen, aber nie so überzogen, als dass er zum reinen Comic würde. Besonders gelungen „Jan Breitmann“, die angebracht schmierige Filmversion Kai Diekmanns, die viel Raum einnimmt und den Film so vor der Eintönigkeit bewahrt, nur auf ein einzelnes Ziel zu feuern. Im Falle der von Katharina Thalbach überzeugend verkörperten Angela „Murkel“ vermisste ich allerdings etwas die satirische Bosheit, die gerade einer Regierungschefin gegenüber angebracht gewesen wäre.
Meine größten Sorgen waren im Vorfeld, dass das Material nicht für einen neunzigminütigen Film reiche, und dass man zu platt und offensichtlich werden könnte, doch beides erfüllte sich nicht. Natürlich – zuweilen bekommen wir Plumpheiten im Stil von „Aber ich schreibe doch nie etwas selbst!“ zu hören, ohne die der Film besser wäre, aber es sind ausreichend wenig, dass es nicht peinlich wird. Dem Stoffmangel begegnet man damit, dass man links und rechts andere politische Affären einbringt und oft nur anreißt, wenn etwa Breitmann am Ende einen Anruf des Bundespräsidenten bekommt, oder Murkel in der Plagiatsaffäre Trost bei „Annette“ sucht.
In besagter Affäre geht der Satire dann leider etwas die Puste aus, sie wird schnell in einer Montage abgehakt und auch die Idee, dass es Max ist, der sie anzeigt, also gewissermaßen unser Held seinen eigenen Komplizen ans Messer liefert, ist etwas suboptimal. Aber wir sprechen von dem Sender und Sendeplatz, der uns schon „Blutschwestern“ bescherte, da kann man mit solchen kleinen Haken schon leben.
Befremdlicher hingegen, was die TITANIC aufdeckt: Ein Film über einen Plagiator steckt voller Plagiate? Da fragt man sich, ob es Realsatire nicht doch gibt…
(Dirk M. Jürgens)