„The Dark Knight Rises“
„The Dark Knight Rises“ oder Occupy will uns alle töten!
(2012) von Christopher Nolan
Was stimmt bloß nicht am Verhältnis zwischen mir und den aktuellen Superheldenblockbustern?
Nein, wirklich: Alle Welt feiert „The Avengers“ und mir fallen, obwohl er auch mir gefällt lauter Punkte auf, die ich ihm nicht verzeihen kann. Nun ist also der ebenfalls lang erwartete „The Dark Knight Rises“ da und obwohl ich auch ihn mag, finde ich wieder einige Haare in der Suppe.
Er hat eine tolle Optik, einen grandiosen Zimmer-Soundtrack, ist spannend und bombastisch und selbst die (nicht allzu reichliche) Action ist Nolan diesmal recht gut gelungen, aber ich habe ein ideologisches und ein paar dramaturgische Probleme mit ihm, die sich doch ziemlich summieren. Wie üblich, werde ich dafür bis zum Ende aus dem Plot erzählen müssen, wer den Film noch nicht kennt, lese also besser nicht weiter.
Zunächst einmal wie üblich die Ideologie. So ziemlich jeder Rezensent sah die Verbindungen zur Occupy-Bewegung in dem Film. Erstaunlich wenige problematisierten aber, dass man sie von einem blutrünstigen Monstertypen verkörpern lässt, der zwar viel von Umverteilung und sozialer Ungerechtigkeit spricht, sich aber meist darauf beschränkt, Leuten das Genick zu brechen oder Dinge in die Luft zu sprengen. Schlimmer aber noch, dass es sich schließlich nur als Fassade der Rachepläne Talia Al Ghuls, also einer archaischen orientalischen Superschurkin herausstellt. Im Grunde wird damit das Gefasel rechtsgerichteter Fanatiker illustriert, die Occupy-Bewegung sei nur die Sockenpuppe al quaidas. Oder, um es mit dem Song „Deine Schuld“ der Ärzte zu sagen: „Und wenn du etwas ändern willst, dann bist du automatisch Terrorist“.
Schon dem, auch von mir sehr geschätzten Vorgänger bescheinigte cracked.com erschreckend überzeugend, dass sein Batman im Grunde George Bush sei, doch während der zumindest noch die Position vertrat, zuweilen müsse man dreckige Sachen machen, scheide dann aber eben auch konsequent als der Ritter in schimmernder Rüstung aus (und müsse eben der geächtete Dark Knight werden), fehlt hier das Bewusstsein schmerzlicher Kompromisse.
So erfahren wir gleich zu Anfang, dass der Tod Harvey Dents und die Vertuschung um dessen Umstände zu einem neuen Gesetz geführt haben, durch welches das organisierte Verbrechen in die Knie gezwungen wurde und im Film daher auch keine Roller mehr spielt. Wir erfahren aber nicht, was für ein Gesetz es ist.
Bedenkt man, dass Verbrecherorganisationen, sowie die Verbrechen, die sie begehen, ja eh schon illegal sind, kann es sich nur um erweiterte Befugnisse der Polizei, also hart gesagt, die Beschneidung von Bürgerrechten handeln. Will man die Bush-Allegorie weiterführen könnte man es dahin deuten, dass der Irak-Krieg vielleicht auf Lügen begründet wurde, die Welt jedoch besser gemacht habe.
Soziale Ungleichheit wird immer und immer wieder angesprochen, aber nur pseudoproblematisiert, da man nicht über Lösungen nachdenkt oder das Problem darstellt, sondern es eben einfach als Ausrede der Schurken präsentiert. Catwoman selbst spricht es auch mal halbherzig an, aber konsequent wird man da nicht. Beachtenswert die Szene, in der sie gewaltsam einen schmierigen Typen davon abhält, sich an ihrer Mitbewohnerin zu vergreifen, die er beschuldigt, seine Brieftasche gestohlen zu haben. Was sie tatsächlich getan hat – ein Batman-Film erklärt uns also, dass es falsch ist, Verbrecher zu schlagen. Das ist gut.
Nebenbei bemängelt die Freundin, dass sie dabei gerade mal 60 Dollar erbeutet habe, was in Verbindung mit der nicht gerade prächtigen Erscheinung des Opfers doch ein merkwürdiges Licht auf die spätere Behauptung wirft, nur von den Reichen zu nehmen.
Das Thema wird also immer nur mal angerissen, aber es ist dem Film nicht wirklich wichtig. Dafür ist sein Amerika doch einfach zu schön: So wird die Nationalhymne im Footballstadium auch nicht etwa von einer verkoksten reichen Popdiva, sondern einem unschuldigen kleinen Jungen gesungen und die Gegenschnitte der langen Szene zeigen nicht etwa die Schattenseiten Amerikas, sondern das Monster Bane, welches die präsentierte Unschuld bedroht.
Die Bombe, mit der Bane Gotham City bedroht ist übrigens keine gewöhnliche Bombe, sondern der Teil eines Reaktors, der alternative, saubere Energie schaffen sollte. Währe man also bei der guten Atomenergie geblieben…
Als letztes Puzzleteil fällt noch Catwomans Spott über Batmans Ablehnung von Schusswaffen auf und dass sie ihm am Ende mit eben solchen das Leben rettet. Ein gehässiger Zug des Schicksals, dass der Amoklauf bei der Premiere eben dieses Films die NRA wieder mal unter Druck setzte, wo der Film ihnen doch zugestimmt hätte.
Mit Catwoman sind wir nun aber auch schon am Ende des ideologischen Teils, wobei sie aber ein Problem des Films bleibt. Ist ihre Optik (sie trägt keine echten Katzenohren, sondern eine auf den Kopf geschobene Nachtsichtbrille, die von vorn nur ähnlich aussieht) auch sehr pfiffig gelungen, scheitert der Film bei der Ambivalenz der Figur, indem er sie so wenig ernst nimmt, wie bei weiblichen Figuren üblich.
So verrät sie Batman an Bane und schickt ihn wissentlich in einen qualvollen Tod, welcher den Untergang der Stadt einleiten soll, nur aus vage formulierter Angst vor dem Schurken (obwohl man sie bislang ständig tough und überlegen inszenierte, halt die übliche filmische Pseudoemanzepation). Das ist eine üble Sache, da hätte sie ordentlich was gut zu machen.
Als Batman sich aber befreien kann und ihre Hilfe braucht, bezahlt er sie mit einem Gerät, hinter welchem sie den ganzen Film über her war, eine Entschuldigung oder ähnliches ist nicht nötig. Schließlich ist sie nur eine Frau, die sind im Film selten wirklich böse, weil sie ja nicht wirklich ernst zu nehmen sind.
Nun gut – Talia IST tatsächlich böse, aber mit ihr sind wir nun bei dem großen dramaturgischen Punkt, der das Ende für mich störte. So wird Bane, während er triumphierend über Batman steht von Catwoman erschossen (was ein schwacher Abgang für eine Figur ist, die bislang so überlegensgroß aufgebaut wurde), Talia stirbt bei einer Verfolgungsjagd mit Commissioner Gordon, jedoch mit einem Lächeln auf dem Gesicht und im Glauben, gewonnen zu haben.
Natürlich ist es ein Problem für Filmemacher, dass Batman nicht tötet (wobei sich Burton ja einfach darüber hinwegsetzte), doch dass beide Schurken letztlich von dritten besiegt werden und beide im zufriedenen Glauben an ihren Sieg sterben, ist gerade für einen Superheldenfilm doch etwas unbefriedigend.
Man sieht, ganz glücklich bin ich mit dem Film nicht geworden. Doch wie ich schon sagte, war es trotz allem weiß Gott kein schlechter Film. Ich wurde gut unterhalten, es war spannend und bot viele Schauwerte. Das Ende, bei dem Batman scheinbar stirbt, dann aber doch wieder da ist, welches von vielen Leuten als inkonsequent kritisiert wurde, gefiel mir eigentlich. Dass am Ende nun doch noch ein Robin eingeführt wurde, ahnte ich praktisch von Anfang an, wäre aber auch eher enttäuscht gewesen, wenn es nicht dazu gekommen wäre.
Es ist also wieder wie bei den Marvel-Kollegen: Einige Probleme, ideologisch nicht unbedingt auf meiner Linie, aber dennoch ein guter und unterhaltsamer Film, der auch über seine enorme Laufzeit von 160 Minuten nicht langweilt.
(Dirk M. Jürgens)
heino
14. Februar 2013 @ 13:23
Etwas spät, aber besser spät als nie. Mich haben die vielen Logiklöcher und Inkosistenzen in der Handlung davon abgehalten, die Ideologie der Story zu hinterfragen. Inzwischen gibt es ja etliche Seiten, die alle Fehler des Films aufzählen, da muß ich die hier nicht breittreten. Darüber hinaus fand ich ihn aber auch deutlich zu lang und wenig unterhaltsam.