„Percy Jackson: Diebe im Olymp“
„Percy Jackson: Diebe im Olymp“ oder Harry Potter in antik
(2010) von Chris Columbus
Es ist überhaupt nichts verwerflich daran, sich an den Erfolg eines anderen Films oder Buches heranzuhängen, indem man etwas ähnliches macht. Insofern ist die Idee, einen „Harry Potter“-Abklatsch in die griechische Mythologie einzubetten, legitim und noch relativ originell. Wie dicht man hier jedoch am Rockzipfel des Zauberlehrlings hing, und darüber hinaus besagte Mythologie keines Blickes würdigte, ist nicht mehr feierlich.
Percy ist wie Harry ein unglücklicher Junge, bei dem vereinzelt seltsame Phänomene auftauchen, hat eine überzogen böse Familie (hier keine ganze, sondern nur einen Stiefvater – seine Mutter ist herzensgut) und findet eines Tages heraus, dass er eben keine Zauberer, sondern der Sohn des Poseidon ist. Also wird er auch in keine Zauberschule, sondern ein Sommercamp für Halbgötter gebracht, wo er dann neben Pierce Brosnan als Centaur Chiron als Hagrid-Ersatz auch das obligatorische Strebermädchen (Annabeth, Tochter der bekanntlich jungfräulichen Athene) kennen lernt. Wie Hollywood es toughen Frauen vorschreibt, muss sie ihm erstmal arrogant und unsympathisch begegnen und ihn bei einer Übung blutig zusammenschlagen, als er schließlich seine Kräfte aktiviert, entwaffnet er sie jedoch lediglich. Dies ist nicht der einzige Rückgriff in die Moral der Fünfziger: Bereits vorher hat Percy schon seinen lustigen schwarzen Sidekick gefunden. Es ist ein Satyr namens Grover, der nicht nur mit der üblichen „Wohooo!“-Wayans-Brothers-Attitüde nervt, sondern mythologiegerecht einen Ziegenunterleib hat. Er ist nicht allzu klug, absolut triebgesteuert und seine Bestimmung ist es, Percys Diener zu sein. Ein Neger, der seinen Platz kennt.
Erst kürzlich sah ich das Remake von „Kampf der Titanen“ und beklagte, wie der Stoff highjacked by jesus wurde, indem man Hades wegen seines Unterweltjobs als Schurken darstellte. Nun, hier ist sein erster Auftritt mit roter Haut und Hörnern direkt aus einem lodernden Feuer und wir erfahren, dass er von Zeus in die Unterwelt verbannt wurde. Muss sich Ovid wohl geirrt haben.
Jedenfalls müssen sich Harry, Ron und Hermine… äh… pardon, Percy, Grover und Annabeth bald aufmachen, Zeus’ gestohlenen Blitz wieder zu beschaffen. Den Weg zeigt ihnen eine magische Karte, die ihnen ihr jeweils nächstes Ziel für ihre Mission zeigt und sonst nichts. Mit anderen Worten, hat man der Videospielumsetzung schon die Erzählstruktur vorweg genommen, so dass es drei Levels gibt, zwei davon mit Bossgegnern (Medusa und Hydra) und eine Fahrzeugmission. Zumindest loben muss ich die Idee, dass die Lotusesser, welche ihre Opfer in ewiger Wonne gefangen halten (ich glaube, aus der Odyssee) jetzt in Las Vegas wohnen, was eine hübsche Abwechslung zu den bekannten und tausendfach gesehenen Mythen war, mit denen der Rest gefüllt wird.
Wie auch immer, sowohl die Unterwelt, als auch der Olymp liegen natürlich in Amerika, die genusssüchtigen, asozialen Götter wurden auf nette Familienwerte herunter geschraubt und unser Held wandelt sich im Laufe der Handlung von „blass“ zu „charakterlos“ und gewinnt den Scheißegalheitspokal, wenn er den Tod seiner Mutter mit einem kurzen Seufzen abtut. Schließlich stellt sich ja später auch heraus, dass sie gar nicht tot ist, sondern nur in der Unterwelt… also so, wie als wenn sie tot wäre.
Da ich das Buch nicht kenne, weiß ich nicht, ob dessen Autor Rick Riordan, oder Drehbuchautor Craig Titley für dieses enorm seelenlose Stück Fließbandware verantwortlich ist, doch wer immer es war, sollte meines Erachtens an einen Berg geschmiedet werden, wo seine ständig nachwachsende Leber täglich von einem Adler gefressen wird.
(Dirk M. Jürgens)