Roy Lewis: „Edward“
(“What We Did to Father”, 1960)
(dt. Ausgabe Unionsverlag, 1995) Fantasy/Satire
Der “Roman aus dem Pleistozän” schmückt sich mit einem Coverspruch von Terry Pratchett und erweckt damit einen etwas falschen Eindruck. Obwohl komisch, ist “What We Did to father” (schon der etwas zwielichtiger klingende Originaltitel deutet es an) weniger ein Pointenfeuerwerk, denn ein ziemlich bizarres Ding: Er spielt unter Höhlenmenschen, die in moderner Sprache (inklusiver lateinischer Bezeichnungen) sprechen und aktiv und bewusst Evolution betreiben. Man ist prosaisch und unsentimental, frisst seine Toten, geht achselzuckend über die regelmäßigen Kindstode hinweg und pflanzt sich inzüchtig und gerne durch Vergewaltigung fort.
Bis Edward, der Vater des Erzählers eben jenen Plan der Evolution hat: Er ist sehr betroffen, wie viele Tiere noch nicht ausgestorben sind, was darauf hindeutet, wie frühgeschichtlich es noch sein muss. Um die Entwicklung voranzutreiben bekämpft er jegliche Tendenzen, sich wieder auf alle Viere herunter zu lassen, oder wieder in den Bäumen zu leben, zugunsten der Weiterentwicklung der Möglichkeiten, die der Daumen bietet. So entdeckt er das Feuer (muss aber bald erfahren, dass es in China bereits in Massenproduktion gegangen ist) und Folgeentwicklungen, wie gehärtete Speerspitzen und das Kochen. Er schickt seine Söhne außerdem los, fremde Frauen zu schwängern, statt der eigenen Schwestern und Tanten, um so nützliche Gene zu erlangen. Manchen seiner Artgenossen wird jedoch unheimlich, welch widernatürliche Dinge er da treibt…
Zu Anfang etwas verwirrend, da doch recht ernsthaft im Tonfall, bringt der Roman seine Gags meist unauffällig und scheut auch nicht vor recht düsteren Passagen und einem etwas befremdlichen Ende zurück. “Das witzigste Buch der letzten 500 000 Jahre”, wie Pratchett zitiert wird, ist es mit Sicherheit nicht, aber ein verdammt interessantes, recht experimentelles Ding, welches ich nicht als heißen Tipp, aber doch durchaus weiter empfehlen möchte.
(Dirk M. Jürgens)