“V wie Vendetta” (2005)
„V wie Vendetta“ oder Unpersönliches Prinzip mit Persönlichkeit
(2005) von James McTeigue
In einem totalitären England taucht ein scheinbar übermenschlicher Terrorist mit den Decknamen „V“ auf, der sein Gesicht mit einer Guy Fawkes-Maske verbirgt (damals noch nicht Erkennungszeichen von Anonymous), Symbole des Staates zerstört und dessen Würdenträger tötet.
Als Fan der Vorlage war ich natürlich besorgt, dass der große Alan Moore seinen Namen vollständig davon zurückzog, verstehe seine Einwände mittlerweile, schätze den Film aber dennoch.
Es gibt eindrucksvolle Bilder, die wenige Action ist grandios überstylt und das Ende in all seinem revolutionären Pathos vermochte mich, so naiv und unrealistisch es auch war, zu ergreifen und auch beim wiederholten Sehen zu begeistern.
Doch schickes Aussehen war nie das Problem von Wachowski-Filmen. Sind sie bei „Matrix Revolutions“ einfach nur auf den Geschmack von Revoluzzerphrasen gekommen, oder sag dieser Film wirklich etwas?
Daraus ergibt sich gleich die größte Frage, nämlich die nach der inhaltlichen „Richtigkeit“ des Films und die ist schwer zu beantworten.
Da er hier menschlicher und emotionaler ist, als in der Vorlage, wurde hier nicht wirklich deutlich, dass V keine reine Vorbild-Heldenfigur ist, sondern tatsächlich ein Monster, das von einer (richtigen) Idee angetrieben wird. Pro-terroristisch? Ja, vielleicht – allerdings handelt der Film nicht vom realen Terrorismus, der Unschuldige tötet, um allgemeine Angst zu schüren, sondern vom idealistischen Freiheitskampf, der von seinen Gegnern als Terrorismus verunglimpft wird. V tötet die Diener und Mitglieder eines Systems, das durch Staatsterrorismus seine Daseinsberechtigung verloren hat, einer Regierung, die vergessen machen will, dass sie dem Volk zu dienen hat, anstatt umgekehrt.
Ein zentrales Problem, welches mir selbst, wie ich gestehen muss, nicht aufgefallen war, nennt Björn vom empfehlenswerten Agitpop-Blog: Dadurch, dass V nicht mehr unpersönlicher Vollstrecker einer Idee, sondern ein individuelles Wesen ist, untergräbt der Film seine Moral von Demokratie und Volkswillen, indem die Masse nun letzten Endes doch nur wieder einem einzelnen visionären Führer folgt.
Dies war auch einer der Gründe für Moores Ablehnung des Films: Aus einem Comic über Anarchie in England war ein Film über Demokratie in den USA gemacht worden. Jenseits aller Debatten darüber, ob dieser nicht vielleicht sogar notwendiger wäre, ist das eine entscheidende Abweichung.
Denn auch wenn der Film weiterhin in Großbritannien spielt und ein Sprecher der Regierung hasserfüllt über die Vereinigten Staaten herzieht, sind doch diese das eigentliche Thema. Eindeutig wird deren akutelle politische Lage als Vorbild genommen, das faschistoide System fusst auf der Furcht vor islamischem Fundamentalismus und die Bilder seiner Gefängnisse und Internierungslager sind dabei schon fast dreist auf die bekannten Vorbilder aus Abu Ghureib und Guantanamo Bay gemünzt (wobei man natürlich auch hier etwas Auschwitz übernommen hat). Doch das halte ich für zulässig und bewundere vielmehr den Mut, einen großen Hollywoodfilm, so entschieden gegen die offizielle politische Linie zu drehen, auch wenn die Metapher nicht immer stimmt und der Gedanke der Vorlage dabei ignoriert wird.
(Dirk M. Jürgens)