„Manderlay“ (2005)
„Manderlay“ oder Auch im Arthouse gibt es Sequels
(2005) von Lars von Trier
Grace (bekannt aus dem Vorgängerfilm „Dogville“) ist mit ihrem Vater und seinen Gangstern unterwegs, um neue Beutegegenden zu erschließen. Dabei kommen sie auf die Plantage Manderlay, auf der Schwarze noch immer als Sklaven gehalten werden. Empört beendet Grace diese Zustände und bleibt mit der Hälfte der Gangster da um den ehemaligen Sklaven zu helfen, eine neue freie Existenz aufzubauen, was vor allem dadurch auf Probleme stößt, dass diese mit der neuen Eigenverantwortung alles andere als froh sind.
Schon „Dogville“ gefiel mir recht gut, war mit seinen 178 Minuten und seiner sehr langsamen Erzählweise aber doch stellenweise sehr ermüdend. Insbesondere die zahllosen Qualen und Erniedrigungen der Heldin gegen Ende waren (gewollt) fast unerträglich, weswegen die extrem brutale Auflösung äußerst wohltuend war.
„Manderlay“ ist nicht sehr viel kürzer (139 Minuten) als sein Vorgänger, kam mir aber wesentlich kurzweiliger vor – obwohl er auf eine blutige Katharsis verzichtet. Wie dieser, ist auch er in Kapitel geteilt, spielt auf einer Bühne und verzichtet fast vollständig auf Kulissen – Bäume, Häuser und Felder sind lediglich Kreidemarkierungen auf dem Boden, wieder führt uns ein Erzähler (im Original John Hurt) durch die Geschichte und wieder dient die reduzierte Optik der Darstellung einer unverkleideten Parabelwelt, die gar nicht erst versucht, die Realität darzustellen. Von den Schauspielern des ersten Teils ist nur Udo Kier in seiner Nebenrolle als Gangster geblieben, Grace wird statt von Nicole Kidman nun von Bryce Dallas Howard (demnächst als Gwen Stacy in „Spiderman 3“ zu sehen) und ihr Vater von Willem Dafoe (statt James Caan) gespielt – beide sind wunderbar und auch diese Umbesetzungen unterstreichen das Unwirkliche des Films.
Viele Kritiker verkannten „Manderlay“ als puren „Gimmickfilm“, dessen Botschaft ein simples „Vielleicht geht’s Sklaven besser als Freien“ wäre, viele warfen ihm Anti-Amerikanismus oder gar Rassismus vor (er bricht ein Tabu, indem er Schwarze zeigt, die andere Schwarze diskriminieren und auch nicht besser als Weiße sind), aber diese Einschätzungen scheinen mir zu simpel. Auch wenn er zweiter oder dritter Teil der „Amerika“-Trilogie von Triers ist (es ist umstritten, ob „Dancer in the Dark“ dazugehört), handelt der Film in erster Linie nicht von Amerika, nicht von Schwarzen und Weißen, sondern von Menschen und dass von Trier diese nicht sonderlich hochschätzt dürfte bekannt sein. Nachdem er in „Dogville“ die Chancenlosigkeit des Guten zeigte, zeigt er hier noch die Schwierigkeit, das Gute überhaupt zu erkennen.
Ich möchte hier keine der Wendungen vorwegnehmen, aber wie jedem bekannt sein dürfte, wirft der Film die Fragen auf, ob der Mensch mit der Freiheit umgehen kann und ob man das Recht hat, jemanden zu seinem Glück zu zwingen – die Parallelen zum Afghanistankrieg sind dabei recht deutlich. Wie kann jemanden, der gestern noch Eigentum war, heute zum mündigen Bürger in einer über Nacht installierten Demokratie werden? Auch mir haben sich dabei einige, teilweise unangenehme Fragen gestellt, die weder beantwortet werden, noch sollen. Folglich gibt es auch keinen rabiaten Schlussstrich wie bei „Dogville“, sondern ein offenes Ende mit gehässiger Schlusspointe.
(Dirk M. Jürgens)