Danni Lowinski – Die 4. Staffel
Die dritte Staffel dieser einstmals von mir geschätzten Serie stürzte mich in tiefe, hier bereits ausgeführte Verzweiflung. Entsprechend wenig euphorisch war ich, als das vierte Jahr begann, schaltete dennoch ein, um zu entscheiden, ob ich es weiter verfolgen sollte.
Und ich wurde überrascht!
Statt eines vorweggenommenen Fazits will ich Einzelfolgen hervorheben und anhand dieser den Verlauf der Staffel nachzeichnen.
S04E01 „Neue Männer“
Offenbar waren auch den Machern die Probleme der letzten Season aufgefallen, weshalb der Kurs gleich in der ersten Folge brutal gewechselt wurde. Die zuvor grünlich düstere Beleuchtung wurde wieder heller und bunter und eine Figur schleunigst ausgewechselt, zwei rausgeschmissen und dafür kamen zwei neue an Bord.
Das mag etwas sehr abrupt wirken, war aber sinnvoll.
Klar hat die Rechtssprechung dieser Anwaltsserie nach wie vor keine Ähnlichkeit mit realer Justiz, aber unsere Heldin begeht ausnahmsweise mal keine Straftaten und es taucht endlich etwas auf, was ich bislang so vermisst habe und was die modernen US-Serien, mit denen DL immer wieder verglichen wird, von deutschen Produktionen Unterscheidet: Ambivalenz.
Denn auch wenn es etwas einfallslos erscheinen mag, dass man unsere Heldin gleich wieder in eine Dreiecksgeschichte zwischen zwei Männern geraten lässt, sind diese gut gewählt: August ist ein exzentrischer Staatsanwalt, Pit ein Gangster, den Danni ursprünglich kennen lernt, als sie einen Mandanten vor ihm schützen will, der dann aber sein Interesse für sie entdeckt. Auf der einen Seite haben wir also einen Mann mit kindlich unbeschwertem Gemüt, der für Gesetz und Solidität steht, auf der anderen Seite einen Romantiker mit fragwürdigem moralischem Hintergrund.
Für eine Anwaltsserie nicht die schlechteste Basis und ein guter Start in die Staffel!
S04E05 – „Sie ist ein Model und sie sieht gut aus“
Nach einigen besseren Episoden fiel man in der fünften Folge leider mal wieder in die kurzsichtige Selbstgerechtigkeit zurück, die mich von Anfang an nervte.
Es ging um ein Model, welches nicht auf das Cover einer Modezeitschrift kam, weil es dem Chefredakteur keinen blasen wollte. Unsere strahlende Heldin erstattete Anzeige wegen sexueller Nötigung und bewegte noch andere Models dazu (indem sie diese dran erinnerte, dass sie eben die Krönung dessen wären, was Weiblichkeit sein kann und sich darum nicht schmierigen Männern unterwerfen dürften), gegen ihn auszusagen.
Natürlich gewann sie (wodurch der Typ in dem Strafprozess verurteilt wurde, sie aufs Cover zu nehmen… wie auch immer), aber es fehlte irgendwie die Szene, in der sie ihrer Mandantin rät, vielleicht doch Lesen und Schreiben zu lernen, weil es eveeeentuell sein könnte, dass sie in ihrer momentanen Branche, die ja nach wie vor von den gleichen schmierigen Typen regiert wird, nicht mehr allzu begehrt ist…
Und es bleibt übrigens dabei, dass (auch in den guten Folgen) praktisch jeder Mandant unserer Heldin bisher wesentliches verschwiegen hat, was ihr dann vor Gericht ins Gesicht knallt. Dennoch musste noch keiner dafür gerade stehen, sondern alle wurden immer rausgehauen.
Wie ich ja immer wieder anmerke ist es eben das Versprechen der Serie an sich und dieser Folge speziell, dass man keine Konsequenzen aus seinem Handeln zu tragen hat. Nicht die beste Botschaft, möchte ich meinen.
S04E06 – „Halloween und Halleluja“
Doch schon in der nächsten Folge erreichte man wieder die bekannten, fatalen Gewässer, in denen die letzte Staffel ertrunken war:
Dannis Mandantin arbeitete in einem katholischen Kindergarten und veranstaltete dort gegen das ausdrückliche Verbot ihrer Vorgesetzten eine Halloween-Party, bei der sie sich als Hexe verkleidete und über die diesbezügliche Politik der Kirche erzählte… und dann entlassen diese Kirchennazis sie dafür doch tatsächlich!
Danni kann natürlich nicht zulassen, dass die Typen so willkürlich schalten und walten dürfen (Weisungsbefugnis? Pfff…) und startet einen Prozess gegen eine salbungsvolle Priesterkarikartur (die Kirche hat keinen Rechtsvertreter), bei dem es vor allem um Kirchengeschichte geht. So enthüllt sie UNFASSBAR neues Insiderwissen, wie dass Tannenbaum und Osterei heidnischen Ursprungs sind, das Thema Arbeitsrecht wird nie auch nur gestreift.
Ihr Gangsterfreund beschafft ihr Bilder, auf denen es ihr Prozessgegner mit Nutten treibt (wie originell), doch obwohl sie in der Vergangenheit schon x-mal erpresst/gestohlen/bedroht hat, bekommt sie nun Skrupel, als der Typ über das Verzeihen predigt. Im Nebenhandlungsstrang bricht sie nebenbei ihre anwaltliche Schweigepflicht, weil sie ihrer Freundin die lustigen Hintergründe erzählen will. Konsequente Charakterzeichnung!
Nun ja, einen Anerkennungspunkt dafür, dass sie hier erstmalig einen Fall tatsächlich verliert, auch wenn man ja betont, dass es nur durch ihren Verzicht auf Erpressung, sowie die korrupte Bevorteilung der Kirche (die ihren Angestellten gegenüber weisungsbefugt ist, obwohl das doch schreiendes Unrecht ist) soweit kam.
S04E10 – „Zu dumm“
Nach diesem Missgriff fand die Serie erst einmal wieder in die Spur zurück. Zwar war das Liebesdreieck nicht so fruchtbar, wie erhofft, da man die moralischen Implikationen von Pits Treiben größtenteils sehr stiefmütterlich behandelte und auch bleibt die Chemie zwischen ihm und Danni schwach, aber es blieb im grünen Bereich. Mit „Zu dumm“ aber machte man den gesammelten guten Willen wieder mehr als wett, indem man eine der ärgerlichsten Folgen dieser, an ärgerlichen Folgen nicht gerade armen Serie brachte.
In der alten Tradition der Serienbotschaft „Schuld sind immer die anderen!“ ging es diesmal um eine gewalttätige sechzehnjährige Soziopathin, die vollkommen zu Recht von der Schule verwiesen werden sollte, nachdem sie das Auto ihrer Lehrerin beschmiert hatte. Obwohl sie auch Danni tätlich angriff, übernahm diese aus weiblicher Intuition den Fall und stellte fest, dass diese eigentlich hochbegabt und entsprechend nur unterfordert war.
Das hatten die bösen Reichen (welche Schulen ja bekanntlich leiten) nicht gemerkt und wollten sowieso nicht, dass Unterschichtler sozial aufsteigen können, wie sie ihr auch ziemlich direkt und offen sagten. Dass Intelligenzfragen und Gewalttätigkeit zwei paar Schuhe sind und es letzteres war, was für die aktuellen Probleme sorgte, ignorierte man zugunsten der erwartbaren Überraschung besagter Hochbegabung natürlich.
In der Parallelhandlung holte Dannis Lover der Staatsanwalt ihren eingeknasteten Vater in die Freiheit und niemanden fiel auf, dass man damit der Kritik an Seilschaften der Haupthandlung ein Bein stellte. Zudem untergrub man auch gleich die als „starke Frau“ gezeichnete Heldin, indem man sie immer wieder Gefühle für den gewalttätigen und ihren Willen komplett ignorierenden Zuhältertypen haben ließ, weil er anders als besagter Juristenkollege (der sie wiederum menschlich achtete, aber was kann man sich davon schon kaufen?) offen über Liebe sprach, was man ja bekanntlich nicht heucheln kann.
Dass er in Dannis Abwesenheit in ihre Wohnung eindringt und sich trotz all ihrer Aufforderungen, zu verschwinden, ehe sie nicht sein Sushi gekostet hat (mh… das ist keine schmutzige Metapher), hält man hier wohl für romantisch.
S04E11 – „Der letzte Tanz“
An sich eine bessere Folge, auch wenn sie natürlich mal wieder juristisch vollkommen am Thema vorbei ging (habe im Nachspann gesehen, dass sie tatsächlich einen Rechtsberater haben… den würde ich nicht empfehlen): Es ging um ein altes Paar, welches sich zwecks Suizidplänen Gift aus der Schweiz besorgte, welches aber an der Grenze gefunden wurde. Das große Moralisieren unserer Heldin für ein Recht auf Selbstmord lief im Grunde aber komplett ins Leere, da es hier nicht um besagtes Recht selbst, sondern schlicht um einen Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz ging und der einfache Amtsrichter wohl kaum die Sterbehilfegesetze umkrempeln kann.
Trotz Schweiz wurde die Organisation Exit nicht namentlich genannt, aber recht klar angedeutet, wobei auch ich etwas stutzte, da ich das doch als Sterbehilfeprogramm und nicht als Giftdealer kannte. Da die gute Frau aber zuhause sterben wollte, ließ sie sich ihr Menü wohl einpacken. Vielleicht unter der Vorgabe, es sei für den Hund?
Soweit, so albern, aber der Weg zum Absturz wurde im Privatleben-Handlungsstrang gebahnt: Danni fürchtete, von August schwanger zu sein, dieser erklärte sich auch sofort und ohne einen Moment des Zögerns bereit, zu seiner Verantwortung zu stehen, sollte sie das Kind bekommen wollen.
Es stellt sich jedoch als Irrtum heraus, da Danni unfruchtbar ist. Dies verschweigt sie August, sagt ihm nur, dass sie doch nicht schwanger ist – und wegen seiner darauf folgenden, nur allzu verständlichen Erleichterung (auch sie wollte noch kein Kind!) verlässt sie ihn dann und ihre Freunde stimmen ihr zu, was für ein empathieloses Arschloch er doch sei.
Doch es gibt zum Glück ja wahre Gentlemen, wie einen älteren Herren, der am Ende auftaucht, um Danni an den Hintern zu fassen. Erst schiebt sie seine Hand weg, einen Moment später aber wieder zurück. So stellen wir uns eine selbstbestimmte Anwältin vor!
Vor der nächsten Episode gab es noch ein Crossover mit der von mir nie gesehenen Serie „Der letzte Bulle“, welches ich mir etwa eine Viertelfolge bis zu besagten Gastauftritts ansah. Es wurde ein Gastauftritt der schlimmsten Sorte: Danni und der Held jener Show laufen sich zufällig über den Weg, betonen, beste Kumpels zu sein, dann erklärt sie kurz das Konzept ihrer Serie (vergisst lediglich, auf die Sendezeiten hinzuweisen) und zieht wieder ab – nachdem man ihr noch schnell an den Hintern gefasst hat, was wohl ihr neues Ding wird.
Fast schon die Parodie eines dreisten PR-Auftritts.
S04E12 – „Scheidung auf islamisch“
Nach diesem Ausflug in fremde Gefilde, bekam Frau Lowinski es nun mit einer muslimischen Scheidung zu tun, die wohl automatisch erfolgt, wenn der Mann dreimal (allerdings nicht direkt nacheinander) das arabische Wort dafür sagt. Die deutschstämmige blonde Frau wollte ihre Ehe nämlich bewahren und auch ihr Mann eigentlich, doch nachdem er es im Zorn gesagt hatte, erlaubte es ihm sein Glaube nicht. So stellt sich gleich von Anfang die Frage, was zum Geier die Sache bei einer Anwältin soll?
Aber gut: Von deutschen Gesetzen hat man in der Serie ja auch wenig Ahnung, was macht es da für einen Unterschied, wenn man da halt auch mal im Bereich muslimischer Vorschriften dilettiert? Nun – gleich beim ersten Treffen mit Familie und Kadi schlägt Danni vor, doch gleich mal die ganze Religion beiseite zu lassen.
Gratuliere, Thema komplett verfehlt, nichts verstanden, setzen, sechs!
Es lohnt nicht, sich mit diesem Trauerspiel von Handlungsstrang weiter auseinander zu setzen, stattdessen beklage man, wie vermurkst die anderen werden: Eine, obigen Fall lösen sollende Scheinehe, die man Dannis Kollegen aufzwingt, kostet diesen seine Freundin, doch am Ende wird mit einem simplen Anruf alles wieder eingerenkt, so dass der ganze Exkurs nichts bringt und lediglich Zeit schindet.
August hingegen wird immer noch als Reinkarnation Hitlers dargestellt, weil er erleichtert war, nicht ungewollt Vater geworden zu sein. Damit ist er natürlich für die unfruchtbare Danni ungeeignet, die wohl nur einen Partner will, dem sie nicht geben kann, was er sich wünscht. Der Mann hat gefälligst zu verzichten.
Stattdessen ist ja ihre Freundin Bea schwanger und wenn die Schlusspointe, dass sie und Danni eine eingetragene Lebensgemeinschaft für das Kind gründen, mehr als ein kurzer Gag ist, hat man noch schön die Homo-Ehe als bloßen Trick herabgewürdigt.
Saubere Arbeit, Mädels!
S04E13 – „Mafiabraut“
Tatsächlich war es kein bloßer Gag, Danni und Bea wollen sich tatsächlich ihre nicht vorhandene Beziehung eintragen lassen. Erschwert wird es von einer konservativen Standesbeamtin (gespielt von Cordula Stratmann) mit Kreuz an der Amtsstubenwand, welche als plumper Strohmann eine Auseinandersetzung mit der Debatte zur Homo-Ehe simulieren darf. Ihr wie üblich unsubtil geradeheraus gesprochenes Genörgel, dass die Ehe früher heilig gewesen sei und „normale Ehen“ Vorrang haben sollten, soll ihre Position wohl lächerlich machen, doch das Problem ist, dass es ja nun tatsächlich ein Betrug ist, den unsere Heldinnen hier betreiben. Sie sind kein Paar und wollen es auch nicht werden. Anhand ihres Falles das Thema zu behandeln ist nahezu infam gegenüber wirklich Betroffenen.
Als Rückfall in alte Zeiten erzwingt Danni die Kooperation der Beamten schließlich mittels eines sexuellen Übergriffs auf sie und der Drohung, morgen ganze Scharen Homosexueller auf sie anzusetzen. Weil so sind DIE eben. Die wollen uns allen an die Wäsche.
Doch es gab ja auch noch einen Fall und zwar Dannis ersten Mordfall.
Ihr Kumpel Pit wird beschuldigt, einen Rivalen umgebracht zu haben und ihr gerade erst Exfreund August vertritt die Anklage. – Damit ist letzterer schon einmal der Böse. Mehr braucht es nicht.
Danni hingegen reicht natürlich ihre weibliche Intuition zu wissen, dass der brutale Pit unschuldig ist und sie ist darum zuhöchst empört, dass August tatsächlich seinem Job nachgeht. Seine sachlich vorgebrachten Ausführungen seiner Amtspflicht werden ignoriert, insbesondere als sich herausstellt, dass Pit schon länger observiert wurde und sie dabei entsprechend mit, wenn sie ihn traf. Dass er seine Amtspflicht gegenüber der Freundin eines Verdächtigen (der, wie wir in dieser Folge erfahren, Fünfzehnjährige in seinem Club strippen lässt) einhält, disqualifiziert August nun vollständig.
So hilft nichts mehr und Danni macht einfach die Falschaussage, sie sei mit Pit zur Tatzeit zusammen gewesen. Der reuige August verzichtet beeindruckt sogar auf ihre Vereidigung und Pit wird freigesprochen. Einen Moment gab ich mich der wahnwitzigen Hoffnung hin, am Ende stelle sich heraus, er sei doch schuldig, aber dazu kam es natürlich nicht.
Eigentlich hatte Pit seiner Anwältin versprechen müssen, sie für immer in Ruhe zu lassen, so sie ihn frei bekomme, doch gleich nach der Scheineheschließung mit Bea wartet er mit einer Limousine auf das neue Betrügerpaar. Auch dieses Ignorieren ihres Willens und seines Wortes ist natürlich romantisch (ebenso wie seine Drohung gegen August, der von Danni aber zumindest ein Lächeln dafür bekommt, sein Amt missbraucht zu haben) und so endet man mit einer langen, langen Feier.
Wir sind also wieder dort angekommen, wo die dritte Staffel war. Offen wird die Verachtung des Rechtsstaats gepredigt und jede andere Perspektive als die unserer Heldin und ihrer Gelüste ausgeblendet. Man hat sich jedoch noch insoweit verschlechtern können, indem man nun auch besagte Heldin selbst beschädigt und trotz ständig behaupteter Stärke zum gestrigen Weibchen gemacht, welches die Brutalität eines starken Mannes schätzt und nichts dringender braucht, als ein Kind. Dafür geht sie auch gern eine Homo-Ehe ein, ohne homosexuell zu sein.
So vielversprechend „Danni Lowinski“ einst startete und so angenehm meine Überraschung zu Beginn dieser Staffel war, dass sie zu alter Form zurück gefunden zu haben schien, so ist sie inzwischen wieder zu einem traurigen Beispiel davon verkommen, wie unwillkommen der hinterfragende Zuschauer geworden ist und welch unangenehm narzistische Züge es sind, die zu erfüllen anscheinend den großen Erfolg bringt.
(Dirk M. Jürgens)
RTL Pilotwochen: „Mantrailer – Spuren des Verbrechens“ | Weird Fiction
26. April 2013 @ 15:57
[…] hinaus übertrieb man es mit dem Hundezeug, indem man auch dem Mörder (übrigens Danni Lowinskis Freund Pit– hätte sie ihn doch mal nicht rausgehauen), den es zu fassen galt, einen solchen zum Komplizen […]
comicfreak
3. Mai 2013 @ 13:44
..siehst du, solche Texte sind das, GENAU SOLCHE Texte, die dafür sorgen, dass du auf facebook von Fremden angesprungen wirst 😛
Dirk M. Jürgens
3. Mai 2013 @ 15:38
Hm, wenn ich irgendwann auch auf der Straße darauf angesprochen werde, überdenke ich meinen Fokus wohl besser nochmal. 😛