NS-Propagandaspielfilmreihe im Kommunalen Kino Kiel
Von September bis November 2010 zeigte das Kommunale Kino Kiel eine Reihe von vier Propagandafilme aus dem Dritten Reich. Da die meisten davon sogenannte „Vorbehaltsfilme“ waren und sind, die nur mit wissenschaftlicher Einführung gezeigt werden dürfen, sprachen vor der jeweiligen Vorstellung verschiedene Filmwissenschaftler der örtlichen Universität.
„Heimkehr“ (Gustav Ucicky, 1941)
Ich hatte erwartet, den unspektakulärsten Teil der Reihe zu sehen, wurde aber überrascht, denn es ist, man höre und staune, ein Nazi-Film gegen den Holocaust: Wir sehen Pogrome, Enteignungen, Boykotte und Zusammenpferchungen, lediglich wird hier noch erschossen und nicht vergast. Ein blinder alter Mann hält eine flammende Rede für Zivilcourage und gegen Unterdrückung und dass man nicht dulden kann und darf, wenn Menschen wegen ihrer Herkunft schikaniert werden.
Des Rätsels Lösung: Der Film spielt 1939 in Polen und zeigt, wie die deutsche Minderheit während der Vorbereitung des polnischen Angriffskrieges gequält wird, doch nicht die Hoffnung verliert, da aus der fernen Heimat ja doch die Stimme von Güte und Menschlichkeit (= Hitler natürlich) ertönt und sie alle befreien wird…und tatsächlich: im letzten Moment, ehe unsere Helden von den dekadenten, lächerlich patriotischen polnischen Rassisten ermordet werden, eilt die tapfere Wehrmacht zu Hilfe und holt sie heim ins Reich, wo schon die Sonne lacht alles wunderbar deutsch ist.
Tatsächlich haben die Nazis hier also die unfassbare Dreistigkeit, ihre eigenen Verbrechen darzustellen und anzuprangern, aber ihren Opfern in die Schuhe zu schieben. Vielleicht die kaltschnäuzigste Geschichtsfälschung aller Zeiten.
Auch sonst sind recht viele Propagandazwecke hereingepackt: Neben der Rechtfertigung des Angriffs auf Polen, wird die Blut-und-Boden-Sache detailliert ausgebreitet, Deutschsein als wichtigster Zug gelobt und die Opferbereitschaft jedes einzelnen für das Volk angepriesen.
Abgesehen von den tränentriefenden Predigten, in denen unsere Heldin in wirklich jedem Satz mindestens einmal das Wort „deutsch“ vorkommen lässt (kein Scherz,. Ich zitiere aus dem Gedächtnis: „Und wenn wir auch in der Fremde sterben, so bleiben wir doch deutsch und sterben einen deutschen Tod. Und wenn unsere Körper in der Erde aufgehen, so wird auch die Erde deutsch, wenn aus unseren deutschen Herzen eine Hoffnung empor keimt, für künftige deutsche Generationen!“), funktioniert der Film aber erstaunlich gut emotional.
Ich frage mich allerdings, ob es wirklich ihm anzurechnen ist, oder ob es nicht vielmehr das geschichtliche Wissen ist, dass das Dargestellte – nur eben mit deutschen Tätern statt Opfern – wirklich geschehen ist, während der Film gedreht wurde.
Ein besonderes Kuriosum ist der Auftritt eines Juden (von denen gibt es in Polen natürlich einige), der als einziger versucht, mit den isolierten Deutschen Geschäfte zu machen, weil er weiß, welch stolzes, großes und vortreffliches Volk sie sind (natürlich haben unsere Märtyrer auch im Elend noch zuviel Würde, um bei einem Juden zu kaufen), was in ein Loblied auf den weisen Adolf Hitler hinausläuft, von dem der ehr- und rückgratlose Jud gern anerkannt würde. Das sieht man nicht alle Tage.
Wer ihn irgendwie in die Finger bekommen kann, dem rate ich jedenfalls, sich „Heimkehr“ anzusehen. Sein Anliegen ist zwar besonders übelkeitserregend und seine ästhetische Qualität nicht so hoch wie „Jud Süß“ (der mir im Vergleich irgendwie noch ein klein bisschen weniger eklig vorkam, weiteres siehe unten), aber filmwissenschaftlich ist seine unglaubliche Chuzpe natürlich höchst interessant.
„Der große König“ (Veit Harlan, 1942)
Diesmal ein frei verfügbarere Film, den schon die Alliierten damals schnell wieder freigaben und den die FSK ab 12 einstufte, da sie damals wohl rein auf Oberflächen guckte und nicht allzulange Sekunde nachdachten.
Der Film selbst ist wenig überraschend: Friedrich II. hat eine Niederlage gegen Österreich einstecken müssen, weil erstmals ein preußisches Regiment geflohen ist (was er als historisches Novum mit all seinem Genie natürlich nicht vorhersehen konnte – selbst seine Ärzte sehen zum ersten Mal Rückenwunden), rappelt sich aber bald wieder auf und erkennt scharfsinnig, dass die Russen, die ihm ein Bündnis anbieten natürlich bösartigen Verrat planen.
Nachdem man ja allgemein davon ausgeht, dass Kriegsfilme zu Kriegszeiten nicht ankommen, bildet dieser von 1942 wohl eine Ausnahme. Allerdings dürfte seine Entstehungszeit wohl auch der Grund sein, warum er den Krieg teils ungewöhnlich drastisch zeigt und die leidende Bevölkerung ins Bild rückt – ein sauberes Bild hätte ihm damals wohl schon niemand mehr abgekauft.
Während andere Nazifilme einen ja durch den Kontrast zwischen ihrer abscheulichen Moral und ihrer handwerklichen Großartigkeit beschämen, ist dieser hier recht durchschnittlich und dramaturgisch recht holperig in seinem Bestreben, zuviele leicht durchschaubare Allegorien einzubringen. Wenn Friedrich auf irgendwelche ominösen Versailler Verträge schimpft, weiß, dass man sich an Vereinbarungen mit Russen nicht halten darf, da diese einen sonst betrügen (ergo den Bruch des Hitler-Stalin-Paktes legitimiert) und vor allem für das Wohl des damals ja noch überhaupt nicht existierenden Deutschlands (statt Preußen) predigt, ignoriert der Film gepflegt jeden Rest Historizität.
Inhaltlich preist er erwartungsgemäß die fraglose Unterwerfung unter eine Führerfigur, den ehrenvollen Heldentod und die Opferbereitschaft der Zivilisten – kein Wunder also, dass die Westmächte ihn nach dem Krieg bald wieder gern gewannen. Dass man sich rein auf Friedrichs militärische Expansionen (ständig mit der bizarren Erklärung, den Krieg nicht zu wollen gerechtfertigt) beschränkt und all seine humanistischen und vor allem toleranten Züge komplett ignoriert, brauche ich wohl nicht extra zu erwähnen.
Trotz imposanter Massenszenen und grandioser Schlachten scheint ein Großteil des Films im Studio gedreht zu sein, was mich persönlich jedoch nicht störte. Filmisch ganz in Ordnung, wenn auch nichts besonderes, ideologisch natürlich wieder recht daneben, aber auf eine auch heute noch recht verbreitete und nicht nazispezifische Art.
„Hitlerjunge „Quex: Ein Film vom Opfergeist der deutschen Jugend“ (Hans Steinhoff, 1933)
Von diesem Film hatte ich schon öfters einige bizarre Szenen gesehen, und war daher nun froh, ihn mal im Ganzen begutachten zu können.Aber er gewinnt dadurch nicht wirklich. Goebbels selbst war wohl auch alles andere als begeistert von dieser albernen Schmonzette, in der man peinlich darauf geachtet hat, möglichst viele Hauptrollen mit knuddeligen Hitlerjungen (deren Namen tatsächlich nicht im Vorspann auftauchen) zu besetzen, die Lichtjahre von jedem Funken Schauspieltalent entfernt sind – und unser Held Heini Völker ist der Schlimmste von allen.
Ich will nicht leugnen, dass das immer wieder komplett vorgetragene Fahnenlied durchaus seinen morbiden Reiz hat, insbesondere, wenn es am Ende mit Massenszenen zusammengeschnitten wird, aber auch propagandistisch scheint mir der Film ansonsten ein Totalversager zu sein, mit dem man halt den schon Bekehrten predigen wollte, aber sonst lediglich Lacher ernten dürfte.
So betrachtet Heini mit Abscheu das kommunistische Ferienlager, wo geraucht, gesoffen, gefeiert und – SCHOCK! – mit Mädchen rumgemacht wird und zieht sich dann lieber zur vollkommen asexuellen Nazi-Konkurrenz zurück. Auch da gibt es eine Quotenfrau, aber die wird (außer, dass sie kocht) praktisch geschlechtslos präsentiert und unser Held ist auch höchst empört, als jemand es wagt, sie begehrlich zu betrachten. Meine Begleitung fasste es gut zusammen als „Der Film erzählt also seiner pubertierenden Zielgruppe, dass sie bei der HJ nie eine abbekommen?“
Aber auch sonst stellt er sich öfters selbst ein Bein. So sind seine schlimmen Kommunisten – die nichts teilen, sondern es herrscht das Recht des Stärkeren (genau das ja, bekanntlich das Prinzip des Kommunismus, welches die sozial gesinnten Nazis stets ablehnten), übergewaltbereite Gangstertypen, die aber nicht mal marschieren oder Uniformen tragen und allesamt hässlich und arm… im Gegensatz zu den begüterten attraktiven Nazis – was irgendwie ein ganz neues Licht auf die fehlende Verteilungsgerechtigkeit wirft.
Ein Höhepunkt ist es, wenn Heinis kommunistischer Vater (Heinrich George) von einem schleimig und pädophil wirkenden HJ-Häuptling bekehrt wird, einfach nur, indem er ihn daran erinnert, wo sie sich hier gerade befinden: „In Deutschland! … Denken Sie mal drüber nach!“. Ohne sich an dem Fehlen von irgendwas argumentähnlichen zu stören, wechselt Herr Völker daraufhin das Lager und bekehrt noch gleich seinen Oberkommie mit, indem er ihn darauf hinweist, dass er doch lieber deutsches als englisches Bier trinke, folglich die Nazis unterstützen müsse.
Nein… da geht wirklich gar nichts!
Ich argwöhne fast, dass bis auf die Verbreitung des Liedes (erstaunlich ehrlich: „Und die Fahne führt uns in die Ewigkeit! / Ja die Fahne ist mehr als der Tod!“ deutet ja schon die spätere Verheizung an) heutzutage kaum noch eine Gefahr von dem Film ausginge, da sich wohl selbst der durchschnittlich beschränkte Neonazi kaum mit der Witzfigur Heini identifizieren könnte. Anders als „Jud Süß“ ertappt man sich hier nie bei so etwas wie ungewollter Bewunderung zumindest für die Machart des Films, sondern amüsiert sich lediglich königlich bei einem Fest unfreiwilligen Humors.
Als ich den zugehörigen Wikipedia-Artikel aufschlug, erfuhr ich noch folgendes:
Zitat:
Dem „Jugendführer des deutschen Reiches“ Baldur von Schirach wurden homosexuelle Beziehungen zu Hitlerjungen, besonders zu Jürgen Ohlsen [dem Darsteller des Heini], nachgesagt. Die Gerüchte waren so stark, dass seit etwa 1933/34 das abgeleitete Verb quexen für sich homosexuell betätigen in der HJ gebräuchlich gewesen sein soll.
(http://de.wikipedia.org/wiki/Hitlerjunge_Quex)
Eiderdaus…das überrascht mich jetzt nicht wirklich!
„Jud Süß“ (Veit Harlan, 1940)
Zum Ende der Reihe noch einmal den Klassiker bzw. der berüchtigtste Film des Dritten Reiches überhaupt. Ich kannte ihn zwar schon, ließ mir aber die seltene Gelegenheit einer Zweitsichtung nicht entgehen.
Nach wie vor ist es überwältigend, wie ästhetisch und formal perfekt er gemacht ist. Mag er für den modernen Zuschauer auch das zusätzliche Problem bringen, dass Ferdinand Marian als böser Jud eine eloquente, dämonische und großartige Vorstellung bringt, die auch heute noch begeistern kann, während seine guten arischen Gegenspieler peinliche Pappkameraden sind die noch dazu die clownesken Propagandamonologe zu sagen haben, ist doch beeindruckend, wie der Film darüber hinaus mit seiner Bildsprache arbeitet. wenn etwa Süß dem Herzog (wieder mal Heinrich George) einen seiner Fingerringe gibt, den dieser einem jungen Mädchen schenkt, so gewissermaßen also die deutsche Jugend mit dem Juden verlobt. Oder, wenn Süß die Gespräche des Herzogs belauscht, sieht er dazu durch den Mund eines Wandbildes, so dass also ein gierig aufgerissenes Maul sein Zugang zum Zentrum der Macht ist.
Zentral geht es dem Film natürlich darum, die teuflische Doppelnatur des Juden zu zeigen: Einerseits ein niedriges schmutziges Tier, andererseits der gerissene Intrigant, der im Verborgenen die Welt regiert. Im Gegenzug sind die Deutschen alle schlicht und einseitig: Der Herzog schwach und verführbar, sein späterer Heerführer korrupt, alle anderen gut und edel (lediglich die Heldin Dorothea ist natürlich ob ihres Geschlechts nicht klug genug, den Juden rechtzeitig zu erkennen, was sie letztlich auch das Leben kostet und wohl zeigen soll, dass die Frau intellektuell unterlegen der Politik fern zu bleiben hat). Süß Oppenheimer hingegen tritt anfangs als bärtiger „Kaftanjude“ auf (was die animalische Seite darstellt), vermag sich jedoch zu verkleiden und so die Gesellschaft zu infiltrieren.
Machiavellisch arbeitet er sich nun hoch, ergötz sich am Leiden der Menschen (wie es ihm nach seiner Aussage sein Judengott aufträgt) und kommt am Ende nur zu Fall, weil er seine niederen Triebe doch nicht beherrschen kann. Dass er Dorothea vergewaltigt löst die Revolution aus und obgleich er für all seine anderen Verbrechen einen Freibrief des Herzogs hat, wird er am Ende wegen der dabei begangenen Rassenschande verurteilt. Als Konsequenz gibt es für das Gute in dem Film lediglich die absolute Einseitigkeit als Lösung: Am Ende wird jeder einzelne Jude aus der Stadt vertrieben, da keine Koexistenz möglich ist – sobald auch nur ein Jude geduldet wird, kommen bald viele nach und tun bald das, was sie angeblich immer tun, nämlich alles in ihre Gewalt bringen, was andere erarbeitet haben.
Das ist durchaus geschickt gemacht und es gibt dem Film seine erschreckende und Ekel erregende Schönheit, wie raffiniert Veit Harlan hier vorgeht. Abseits davon jedoch, wird der Film oft plump und predigerhaft, wenn etwa der Rabbiner (wie alle Juden abseits des Hauptschurken gespielt von Werner Krauss – der, welch böse Ironie, 1922 doch ausgerechnet die Titelrolle in einer Verfilmung von „Nathan der Weise“ hatte) offen zu Süß sagt, es sei nicht gut, direkt nach der Macht zu greifen, da es doch ihr Plan und ihr Gesetz sei, im Verborgenen zu regieren oder unser uncharismatischer Held und sein Schwiegervater mehrfach lange darüber debattieren, welch schlechte Menschen Juden doch seien.
Wie in „Heimkehr“ ist der Film auch wieder recht dreist, indem er immer und immer wieder Entsetzen darüber heuchelt, wie der Herzog unter dem Einfluss des Juden die Verfassung bricht und eine Alleinherrschaft installieren will – also genau das tut, durch das die Auftraggeber des Films selbst an die Macht kamen. Auch in der Gewaltdarstellung dürfen wir zwar mit ansehen, wie unser Held im Kerker auf Befehl des Schurken gefoltert wird, als die aufgebrachte Menge dessen Haus stürmt wechselt die Szene jedoch, ohne dass uns das Schicksal seines Sekretärs Levy, hinter dem die Menge her ist, vor Augen geführt wird. Antisemitische Gewalt wird also zwar propagiert, aber dennoch verharmlost.
Es bleibt also ein zutiefst zwiespältiges Werk – auf hohem ästhetischen und künstlerischen Niveau, mit einem Hauptdarsteller, der noch immer zu begeistern weiß und dem man eine Nachkriegskarriere gewünscht hätte (zumal er nach großer Wahrscheinlichkeit die Rolle nur begrenzt freiwillig übernahm und von Goebbels persönlich dazu aufgefordert worden sein soll), aber inhaltlich voll und ganz verdammenswert, gefüllt mit Lüge und Heuchelei.
Als persönliche Note sollte ich vielleicht noch hinzufügen, dass meine Begleiterin voll und ganz für Marians teuflischen Juden dahinschmolz und ihm den Sieg und die Errichtung einer Schreckensherrschaft, wie sie ihm nach der Rule of Cool auch zustand, gewünscht hätte. Insoweit scheint der Film beim heutigen, historisch aufgeklärten Menschen nicht mehr ganz die von den Machern gewünschte Wirkung zu erzielen.
(Dirk M. Jürgens)
Sebastian
17. Januar 2011 @ 14:32
Ein sehr schöner Bericht und ich denke, er ist zeitgemäßer als viele andere. Bravo!
Graublau
5. Mai 2015 @ 1:31
„So betrachtet Heini mit Abscheu das kommunistische Ferienlager, wo geraucht, gesoffen, gefeiert und – SCHOCK! – mit Mädchen rumgemacht wird und zieht sich dann lieber zur vollkommen asexuellen Nazi-Konkurrenz zurück. Auch da gibt es eine Quotenfrau, aber die wird (außer, dass sie kocht) praktisch geschlechtslos präsentiert und unser Held ist auch höchst empört, als jemand es wagt, sie begehrlich zu betrachten. Meine Begleitung fasste es gut zusammen als “Der Film erzählt also seiner pubertierenden Zielgruppe, dass sie bei der HJ nie eine abbekommen?”“
Vgl. Hans Schmid in seiner Serie „Das Dritte Reich im Selbstversuch“:
„Beide Gruppen nehmen denselben Zug. Wenn ich die Wahl hätte (die es 1933 nicht mehr gab), würde ich mich für die Kommunisten entscheiden. Sie sind ein bunter, gut gelaunter Haufen, der zeigt, dass man auch ohne Marschformation zum Bahnhof gehen kann.“
Auch zu dem genannten Punkt „die Bösen in den Nazi-Filmen machen das, was die Nazis in der Realität selbst gemacht haben“, hat Schmid etwas zu sagen:
„Dabei, so [der Ethnograph Gregory] Bateson, könne es durchaus sein, dass Quex mehr über seine Macher verrate, als von diesen beabsichtigt. Ihm fiel etwas auf, das sich so ähnlich auch bei anderen NS-Filmen feststellen lässt: die Kommunisten sind das unheimliche Spiegelbild der Nazis (wohlgemerkt: die Kommunisten im Film, nicht in der Realität). Hitlerjunge Quex ist ein verkappter Doppelgänger-Film.
(…)
Bateson hat etwas entdeckt, das mir für die NS-Propagandafilme ganz wesentlich zu sein scheint. Die jeweils Bösen sind eine Projektionsfläche für die Ängste der Nazis; sie sind so, wie die Nazis zu werden fürchten, wenn sie ihre Triebe nicht durch Ordnung und Sauberkeit in Zaum halten. Was sich aus einer solchen Doppelgänger-Konstruktion alles machen lässt, demonstriert Veit Harlan in Jud Süß. Süß Oppenheimer installiert da eine die Bürger ausspionierende und seine Zwangsherrschaft absichernde Geheimpolizei. Im Dritten Reich waren es aber die Nazis und nicht die Juden, die über eine Gestapo verfügten.“
Dirk M. Jürgens
5. Mai 2015 @ 13:01
Schmid ist wirklich so ziemlich der fähigsten und lesenswertesten Experte zum NS-Kino. Dass die Projektion, die in den Nazi-Filmen betrieben wird, so durchgängig ist, ist mir als Gesamtbild noch gar nicht aufgefallen. Sagt eine Menge: Ein System, welches von Reinheit besessen ist erspart sich die Selbstreinigung, indem es seinen Schmutz auf andere fantasiert.
Gibt ja bei den verschiedensten Extremisten immer wieder ähnliches zu beobachten.